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Tausende Urlauber sitzen fest -
Mönche bangen um ihr Kloster

Hubschrauber bringen Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente

München/Wien/Genf (dpa). Nach den verheerenden Überschwemmungen in der Alpenregion mit mindestens neun Toten hat sich die Hochwasserlage in Bayern, Österreich und der Schweiz merklich entspannt.
Hab und Gut sind unter Steinen und Schlamm begraben. Fotos: Reuters (3)/dpa

Für rasche Hochwasserhilfen in Bayern haben Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gestern eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vereinbart. Ziel seien vergleichbare Lösungen wie beim Elbe-Hochwasser 2002, als sich Bund und Länder grundsätzlich die Kosten geteilt hatten. Der Kanzler versprach vor einer Wahlkampfveranstaltung in Augsburg, die Infrastrukturschäden an Verkehrswegen sollten »schneller als bisher üblich« in vergleichbaren Fällen behoben werden. »Wir wollen den Betroffenen ein schnelles Signal geben.«
Für das weltberühmte Kloster Weltenburg bei Kelheim gaben die Behörden gestern Katastrophenalarm aus. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft wurden dort Pegelstände der Donau von bis zu 7,20 Metern erwartet, das ist aber deutlich weniger als zu Pfingsten 1999. Dennoch fürchteten die Behörden, dass das Wasser in die Kirche von Kloster Weltenburg eindringen könnte. Dort hatte Hochwasser schon in der Vergangenheit schwere Schäden angerichtet. Das Kloster gilt als das älteste in Bayern und lockt alljährlich mehr als 500 000 Gäste aus Nah und Fern an.
Seit Tagen sind die Mönche und mehr als 60 Einsatzkräfte auf den Beinen, um zu retten, was zu retten ist. »Wir kämpfen mit allen Kräften«, sagt Abt Thomas Freihar und hofft, dass das Kloster glimpflich davonkommt. Beim Pfingsthochwasser 1999 stand die braune Brühe mehrere Tage lang knapp eineinhalb Meter hoch im Erdgeschoss des barocken Gemäuers. Damals konnte auch die berühmte Klosterkirche, vor der noch die Gerüste stehen, nicht geschützt werden. Das eindringende Wasser stand 40 Zentimeter hoch in dem Gotteshaus und richtete großen Schaden an.
In Neustadt an der Donau drohte ein Deich zu brechen. Zahlreiche Einsatzkräfte waren mit der Sicherung beschäftigt. Der Scheitel der Hochwasserwelle auf der Isar erreichte das niederbayerische Landshut, wo die Wassermassen in eine Flutmulde geleitet werden sollten. In der Drei-Flüsse-Stadt Passau entspannte sich die Lage deutlich. Der Scheitel der Hochwasserwelle auf der Donau wurde für heute Abend erwartet.
In Österreich konnten 1000 Urlauber, darunter hunderte Deutsche, den Ferienort Lech am Arlberg über eine provisorisch reparierte Straße verlassen. Sie waren zwei Tage lang vom Hochwasser eingeschlossen. Andernorts wurden Einheimische und Touristen aus der Luft versorgt: Hubschrauber brachten Lebensmittel, Medikamente und Trinkwasser. Besonders schwierig ist die Lage weiterhin im Paznaun-Tal, das noch weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten war.
Die Orte Ischgl, Galtür und Kappl, wo sich etwa 6000 Urlauber aufhalten sollen, waren zwei Tage nach der Katastrophe telefonisch noch nicht erreichbar. Bis die auf einer Strecke von fast 40 Kilometern zerstörte Zufahrtsstraße zu den Gemeinden repariert ist, dürften Wochen oder Monate vergehen. Funkamateure stellen über das UKW-Netz die Verbindung zur Außenwelt her.
Bei der jüngsten Fluttragödie starben in Österreich und in der Schweiz jeweils vier Menschen, in Bayern kam ein Mann bei einer leichtsinnigen Schlauchbootfahrt ums Leben.

Artikel vom 26.08.2005