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»Bahn vergrault
ihre Kunden«

Kritik an neuen Preiserhöhungen

Berlin (dpa). Fahrgast- und Umweltverbände haben gestern die neuerlichen Preiserhöhungen bei der Bahn kritisiert. Verkehrsexperten fürchten, dass die Bahn neu hinzugewonnene Kunden schnell wieder vergrault

Zum zweiten Mal binnen eines Jahres wird das Bahnfahren teurer. Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember werden die Preise in der zweiten Klasse um durchschnittlich 2,9 Prozent erhöht. Die erste Klasse wird sogar um 4,1 Prozent teurer. Die Preiserhöhungen gelten sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr.
Erst im vergangenen Jahr hatte der bundeseigene Konzern die Preise zwei Mal angehoben, zuletzt im Dezember 2004 um durchschnittlich 3,5 Prozent. Auch damals wurde dies mit den Energiekosten begründet.
Bei der neuen Preisrunde gibt es nach Angaben von Bahnsprecher Gunnar Meyer deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Strecken. Auf Fernverbindungen zwischen 100 und 750 Kilometern verteuern sich die Fahrkarten im Durchschnitt um 3,3 Prozent.
Auch die mehr als 3,2 Millionen Besitzer einer Bahncard, mit der es zwischen 25 und 50 Prozent Ermäßigung gibt, müssen künftig mehr bezahlen. Die Bahncard 25 kostet in der zweiten Klasse bald 51,50 (derzeit: 50) Euro, die Bahncard 50 dann 206 (200) Euro. Die Jahresnetzkarte Bahncard 100 verteuert sich von 3250 auf 3300 Euro. Neu im Angebot wird eine eigene Bahncard 25 für alle Jugendlichen bis 18 Jahren sein, die einmalig zehn Euro kostet.
Auch im Nahverkehr werden die Fahrscheine teurer, was vor allem Pendlern zu schaffen machen wird: Wochenkarten kosten 2,9 Prozent mehr, Monatskarten 2,2 Prozent. Der Preis für Jahreskarten soll stabil bleiben.
Der Verkehrs-Experte der Grünen, Albert Schmidt, erklärte, die Bahn erzeuge einen Großteil ihres Stroms selbst und sei von der »Preistreiberei« der Stromkonzerne unabhängig. Der Verkehrsexperte des BUND, Werner Reh, sagte: »Auf diese Weise bekommt man keine Autofahrer oder Fluggäste dazu, in die Bahn umzusteigen.« Der Pro-Bahn-Vorsitzende Karl-Peter Naumann kritisierte insbesondere die Mehrbelastungen für Stammkunden wie Bahncard-Besitzer. »Die Bahn versucht mit allen Mitteln, im Fernverkehr in die schwarzen Zahlen zu kommen.«
Insgesamt fuhr der Konzern in den ersten sechs Monaten bei einem Umsatz von 12,2 Milliarden Euro nach Zinsen einen Gewinn von 35 Millionen Euro ein. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 25.08.2005