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Fotoalbum, Kiste, Kamm und Knöpfe - diese und andere Utensilien stellte ein Erackweder in russischer Gefangenschaft mit einfachsten Mitteln her.

Ein Stahlhelm wird zum Küchensieb

»Krieg und Frieden« - neue Ausstellung im Brackweder Heimathaus

Brackwede (oh). Das 1900 gebaute Brackweder Heimathaus, im Volksmund besser bekannt als »Rotes Amt«, steht unter Denkmalschutz. Deshalb fragte vor einiger Zeit das Bauamt der Stadt bei Ortsheimatpfleger Rolf Künnemeyer an, ob er sich nicht mit einer Aktion am »Tag des offenen Denkmals« am 11. September beteiligen wolle.

Eine Idee, die bei Künnemeyer auf sehr offene Ohren stieß. Zumal im Brackweder Heimatarchiv eine große Zahl an Dokumenten zum diesjährigen Schwerpunktthema »Krieg und Frieden« zu finden ist. So viel zum Hintergrund der Ausstellung, die am kommenden Sonntag, 28. August, um 11.15 Uhr von Bezirksvorsteher Siegfried Kienitz im ehemaligen Brackweder Amtshaus eröffnet wird.
Bis zum 30. Oktober - und damit über den »Tag des offenen Denkmals« hinaus - ist die Zusammenstellung von Fotos, Akten und Propagandamaterial aus den Jahren 1933 bis 1948 zu sehen, jeweils dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr. »Zumindest ansatzweise haben wir die Themen Luftkrieg, Ostarbeiter, Flucht und Vertreibung, Lebensmittelversorgung und Wohnungsnot mit Exponaten und Dokumenten aus unserem eigenen Archivfundus aufgelistet«, erklärt Künnemeyer.
Sehr dankbar sei er Rosemary Aufdemkampe, Wolfgang Kornfeld und Manfred Richly, die ihm bei der Zusammenstellung geholfen hätten. »Da ich gesundheitliche Probleme habe, wäre ohne deren Hilfe die Ausstellung nicht zustande gekommen«, sagt der Ortsheimatpfleger, der seine ehrenamtliche Aufgabe seit 27 Jahren mit großem Engagement versieht.
So aber können sich die Besucher über Wahlplakate der NSDAP, SPD und anderer Parteien, der letzten Ausgabe der 1933 verbotenen »Volkswacht«, einer Vielzahl Fotos oder auch ganz handfester Exponate erstaunlicher Nachkriegs-Gerätschaften einen Einblick in das politische und »gesellschaftliche« Leben der Kriegs- und ersten Nachkriegsjahre verschaffen.
Besondere Schätzchen sind dabei die Exponate, die in Vitrinen ausgestellt sind. Darunter ist ein Stahlhelm, den ein Soldat zu einem höchst praktischen Küchensieb umgearbeitet hat. Oder die persönlichen Utensilien des Kriegsgefangenen Ernsting aus Brackwede, die er sich während der dreijährigen russischen Gefangenschaft selbst aus einfachsten Materialien hergestellt hat.
Das »Album«, in dem Ernsting beispielsweise die wenigen Fotos seiner Familie aufbewahrte, hat einen »Einband« aus zwei dünnen Holzdeckeln, die mit Bindfäden zusammengehalten werden. Oder der winzige Kamm, dessen Zähne in mühsamer Kleinarbeit aus Holz geschnitzt wurden. Die mit Schnitzereien verzierte Holzschachtel ist dagegen ein richtiges Schmuckstück.
Aber auch Glückwunschkarten, die Ostarbeiter 1945 an ihren deutschen Arbeitskollegen zum Geburtstag geschickt haben und ihm darin »Krig bald aus« und »noch zwei Kinder« neben Gesundheit wünschen, sind in der Ausstellung zu sehen. Eindrucksvoll sind auch die Fotos der Brackweder Notunterkünfte.
»Leider fehlen uns aus den Kriegsjahren Fotos, denn da war das Fotografieren, besonders der durch Bomben zerstörten Häuser, untersagt«, erklärt Künnemeyer.

Artikel vom 25.08.2005