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»Dass« oder »daß« - das bleibt die Frage

Auch im neuen Schuljahr darf noch nach alten Regeln geschrieben werden

Bielefeld (MiS). Wenn die 50 000 Bielefelder Schüler das Wörtchen »dass« mit einem »ß« schreiben, ist das zwar nach der neuen Rechtschreibung falsch und wird von den Lehrern angestrichen. Doch als Fehler wird es weiterhin nicht gewertet. Die Nachricht, dass Bayern und Nordrhein-Westfalen die neue Rechtschreibung noch nicht verbindlich einführen wollen, erreichte die Lehrer in den Ferien. Seit gestern müssen sie sie auch umsetzen.

»Wir machen das natürlich«, sagt Thomas Buch, Leiter der Stapenhorstschule. Aber so recht kann er nicht nachvollziehen, dass NRW und Bayern als einzige Bundesländer ausscheren. »In unserer Schule wird seit langem ausschließlich nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet.« Auch die Schulbücher seien komplett nach den neuen Regeln geschrieben. Hielten sich die Jungen und Mädchen nicht daran, müssten sie das auch als »richtigen Fehler« empfinden. Auch an den weiterführenden Schulen wird die Zahl derjenigen, die die alte Schreibweisen erlernt haben, immer kleiner. Schließlich wurden die neuen Regeln bereits 1996 eingeführt.
Im neuen Schuljahr ändert sich für die Schülerinnen und Schüler faktisch nichts, argumentiert dagegen das Düsseldorfer Schulministerium. Sie seien es gewohnt, dass die alte Schreibweisen lediglich markiert, aber nicht als Fehler bewertet werden. Die Landesregierung begründet ihrer Zurückhaltung damit, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung nach wie vor an einer Revision der Reform arbeitet, vor allem Änderungen bei Getrennt- und Zusammenschreibung, bei Satzzeichen und beim Schreiben von Fremdworten noch ausstehen. Die aus Bielefeld kommende Schulministerin Barbara Sommer (CDU) spricht deshalb von einer »fragmentarischen Reform«, solange das neue Regelwerk nicht endgültig abgeschlossen sei.
Martin Sprenger, Konrektor an der Grundschule Brake, hofft, dass schnellstmöglich Klarheit über die verbindlichen Schreibweisen geschaffen wird. »Sprache ist stets Veränderungen unterworfen«, sagt er. Deshalb sei nachvollziehbar, dass auch die Regeln diesen Veränderungen angepasst werden müssten. Wie sein Kollege Buch sieht er die Entwicklung allerdings auch gelassen. »Wir haben schon so viele Erlasse und Reformen erlebt«, sagte der Chef der Stapenhorstschule. »Da werden wir diese Übergangszeit auch noch meistern.«

Artikel vom 23.08.2005