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Mehr als 20 000 Chinesen
feuerten Paderborner an

Tanzgruppe begeisterte auf dem Marktplatz in Qingdao

Von Rüdiger Kache (Text und Fotos)
Qingdao/Paderborn (WV). Jetzt wissen auch die Menschen im Reich der Mitte, wie ein ordentlicher Bohnentopf aussieht, wie sich Rüpel aufführen, wer Hahn im Korb ist und was alle so passiert beim »Schüddel de Büx«. Auftritte vor großem Publikum sind zwar nichts Neues für Araneida & Hupfertsvogel, die Musik- und Tanzgruppe der Städtischen Musikschule Paderborn. Doch bei ihrer Chinareise haben die 25 tanzenden und musizierenden Botschafter Paderborns neue Rekordmarken gesetzt.

Auf Einladung der chinesischen Partnerstadt Qingdao und mit kräftiger Unterstützung durch die Stadt Paderborn starteten die Volkstänzer unter Leitung von Margit und Thomas Keikutt mit schweren Koffern voller Trachten, Musikinstrumenten und dem Requisitensack (einschließlich Reisigbesen, Hexenmasken und Narrenkappen) zusammen mit der ersten von zwei Reisegruppen, die das WESTFÄLISCHE VOLKSBLATT/Westfalen-Urlaubsreisen ausgearbeitet hatten. Insgesamt 100 Paderborner nutzten die Gelegenheit, sich die 10000 Kilometer entfernte Partnerstadt und natürlich das moderne China einmal genauer anzusehen (ausführlicher Bericht folgt). Die boomende Metropole Shanghai, die schon überall sichtbar und stolz auf großen Plakaten angepriesen für die Segelolympiade 2008 rüstende 7,5-Millionen-Stadt Qingdao und die chinesische Hauptstadt Peking mit Kaiserpalast und Großer Mauer waren die Stationen dieser Reise.
Immer wieder mussten die jungen Tänzerinnen und Tänzer im Alter zwischen 15 und 23 Jahren demonstrieren, was man bei uns daheim unter traditionellem Volkstanz versteht.
Gleich beim ersten offiziellen Auftritt, der Eröffnung des Bierfestes in Qingdao, sahen mehr als 20000 Menschen zu und feuerten die Akteure an. Gleich mehrere Fernsehanstalten übertrugen die Eröffnung des »chinesischen Oktoberfestes«, zu dem bereits am ersten Tag rund 300000 Besucher strömten, um zu feiern, wie es die Deutschen tun (oder man zumindest glaubt, wie sie es tun). Klar, dass »die Deutschen« durch den Medienspektakel schnell bekannt und überall erkannt wurden. Kaum zu glauben, diese Gastfreundschaft, die Kontaktfreude der Chinesen, die nach dem zehnten Gruppenfoto (chinesische Großfamilie oder zumindest alle Kinder mit möglichst vielen »Langnasen« aus Deutschland) allerdings auch schon mal auf eine harte Geduldsprobe gestellt wurde. Trotz der rund 18 Millionen Touristen jährlich im malerisch gelegenen Badeort und Kulturzentrum Qingdao sind Besucher aus Europa immer noch eine Seltenheit.
Doch auch vor »nur« 1000 Gästen in einem Vorort von Qingdao wurden die Paderborner gefeiert und mit viel Applaus belohnt. Die »Volkstänzer aus einer anderen Welt« eroberten die Herzen der musik- und tanzbegeisterten Chinesen im Sturm. Zum Dank gab«s das »volle Programm« - die »Tänze des Jahres« und natürlich die »Westfälische Hochzeit«, angefangen vom Hochzeitsbitter über den Bändertanz bis zum Kehraus.
Bürgermeister Heinz Paus, der in Shanghai zur WV-Reisegruppe stieß und diese auch in Qingdao und Peking begleitet, nutzte die Gelegenheit, trotz seines Urlaubes zahlreiche Gespräche mit Unternehmern und offiziellen Repräsentanten chinesischer Regierungskreise zu führen. So gab es am Rande des hochkarätig besetzten deutsch-chinesischen Wirtschaftstreffens ein einstündiges Treffen mit dem Qingdaoer Oberbürgermeister Geng Xia, bei dem weitere Schritte zum kontinuierlichen Ausbau der Städtepatenschaft besprochen wurden. So soll unter anderem stärker für den Austausch von Schülern geworben werden und auch Vereinbarungen für gegenseitige Besuche, etwa zu Libori, stehen auf der langen Wunschliste. Ein geplanter Besuch von Xia zum Liborifest war wegen Visaproblemen gescheitert.
Zusammen mit der Reisegruppe stattete Paus auch der Deutsch-Chinesischen Technischen Fakultät (CDTF) an der Qingdao-Universität einen Besuch ab. Auch hier gab es Gespräche mit Uni-Präsident Prof. Lianxiang Ma und Vizepräsident Prof. Qingling Li über die Integration der mehr als 300 chinesischen Studenten in den Paderborner Alltag. Klar, dass der Bürgermeister dabei auch seinen Sohn Henning traf, der an der CDTF seit einigen Wochen chinesisch studiert. Stadt Paderborn und Universität wünschen sich, dass viele deutsche Studenten künftig die Gelegenheit nutzen, um in Qingdao diese wichtige Weltsprache zu erlernen.
Die Bezirksregierung von Shandong (80 Millionen Einwohner) in Jinan lud den Paderborner Bürgermeister spontan zu einem eintägigen Arbeitsgespräch ein, wo Paus zusammen mit dem Sozialminister wichtige neue Projekte besichtigte, die zum wesentlichen Teil von deutschen Unternehmen, darunter die Heinz-Nixdorf-Stiftung, finanziert und begleitet werden. Allein der gerade fertig gestellte Technologiepark der Bezirkshauptstadt für Softwareentwicklung entstand auf einer Fläche von 30 Quadratkilometern. Im Bau ist ein weiterer Park, in dem auch das Paderborner Berufsschulprojekt bis Ende des Jahres eingeweiht werden soll.
Übrigens: Schon im November wird die Stadt Paderborn schon die zweite Wirtschaftsdelegation nach Qingdao schicken.

Artikel vom 23.08.2005