24.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Alexander F. (28) sitzt im Gefängnis.Foto: Stroese

Mordmotiv Schwangerschaft?

Ex-Berufssoldat soll Ehefrau getötet und in der Senne vergraben haben

Von Christian Althoff
Augustdorf (WB). Leichenspürhunde suchen seit gestern in der Senne bei Augustdorf nach den sterblichen Überresten von Bianca W. (22). »Wir gehen davon aus, dass die Frau im Juni 2000 fünf Tage nach der Hochzeit von ihrem Ehemann umgebracht worden ist«, erklärte gestern Kriminaloberrat Bernd Flake, Kripochef im Kreis Lippe.

Kraftfahrer Alexander F. hatte seine Frau am 7. Juni 2000 vermisst gemeldet - sechs Tage, nachdem das Paar standesamtlich geheiratet hatte. Der damals 23-Jährige hatte angegeben, Bianca F. habe die gemeinsame Wohnung nachts nach einem Streit verlassen und sei seitdem verschwunden.
»Schon damals hatte die Kripo die Darstellung des Ehemanns bezweifelt«, sagte Flake. Denn Bianca F. war im vierten Monat schwanger und hatte bei ihrem angeblichen Verschwinden Mutterpass, Personalausweis und Krankenversicherungskarte in der Wohnung zurückgelassen. »Das tut eine werdende Mutter nicht«, erklärte der Kriminaloberrat. Außerdem hätten Nachforschungen damals ergeben, dass keine Frau des fraglichen Namens in Deutschland ein Kind zur Welt gebracht hatte. »Wir waren sicher, dass der Ehemann die Frau getötet hatte, aber wir konnten es ihm nicht beweisen. Zumal der Mann angegeben hatte, er sei in der Nacht des Verschwindens mit einem befreundeten türkischen Asylbewerber unterwegs gewesen, was dieser auch bestätigte«, berichtete Flake.
Die Vermisstenakte war schließlich im Mai 2001 geschlossen worden - bis sich die Kripo Detmold den Fall im Sommer vergangenen Jahres routinemäßig noch einmal vornahm. Hauptkommissar Achim Tietz, Leiter der Ermittlungskommission »Bianca«: »Die erste Überraschung erlebten wir, als wir den angeblich nach Leer verzogenen Ehemann erneut vernehmen wollten.« Als Polizisten den Mann aufsuchten, standen sie unvermutet dem türkischen Asylbewerber gegenüber, der dem Ehemann damals ein Alibi gegeben hatte. Er hatte möglicherweise als Entlohung für ein falsche Aussage die Personalpapiere des Augustdorfers bekommen und lebte seitdem ohne Furcht, abgeschoben zu werden. Der Mann wurde festgenommen.
Den richtigen Alexander F. spürte die Ermittlungskommission schließlich in London auf, wo er als Fitnesstrainer arbeitete. Die Staatsanwaltschaft Detmold ließ den Mann mit Hilfe eines internationalen Haftbefehls ergreifen und ausliefern. Inzwischen hat die Detmolder Behörde Mordanklage gegen den heute 28-jährigen Augustdorfer erhoben.
Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink nimmt an, dass die junge Frau sterben musste, weil sie schwanger war und Alexander F. kein Kind wollte. Der Beschuldigte schweigt bis heute zu dem Mordvorwurf. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest.
Die Ermittler gehen davon aus, Alexander F. den Mord auch ohne Leiche nachweisen zu können. »Der Türke hat nämlich in der Haft gegenüber einem anderen Gefangenen Angaben zum Grab der Frau gemacht, die er nur von unserem Tatverdächtigen haben kann«, sagte Kripochef Bernd Flake. In jenem Gebiet in der Senne, das der Türke beschrieben hatte, war bereits vor zwei Jahren ein Müllbeutel gefunden worden, in dem neben anderem auch Sozialversicherungsbescheinigungen der vermissten Frau steckten. »Wir hoffen deshalb, dass die Leichenspürhunde in den kommenden Tagen in diesem Gebiet anschlagen«, erklärte Kriminalhauptkommisar Achim Tietz.
Das Waldstück, in dem die Hunde suchen, liegt etwa einen Kilometer von der früheren Wohnung des Ehepaars entfernt. Dort, in der Senne, kennt sich Alexander F. gut aus: Er war von 1994 bis 1998 Zeitsoldat und in Augustdorf stationiert.

Artikel vom 24.08.2005