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Stromriesen
unter Druck

Kartellamt verlangt Stellungnahme

Von Wolfgang Bunse
Berlin (dpa). Nach monatelangem Ärger bei Verbrauchern und Politikern über die als zu hoch beklagten Strompreise ist alles Mögliche in Bewegung geraten - nur die Preise nicht. Doch der Druck auf das viel gescholtene Quartett der Stromriesen E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW wird stärker.

Das Bundeskartellamt will die Vorwürfe des Missbrauchs von Marktmacht unter die Lupe nehmen und verlangt von den Beklagten bis Mitte September Stellungnahmen. Rechenschaft erwartet auch die rot-grüne Bundesregierung. Die Bundesnetzagentur schärft ebenfalls die Wettbewerbsinstrumente, um die »Großen« über sinkende Netzentgelte ein Stück kleiner zu machen.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat von RWE-Chef Harry Roels eine »nachvollziehbare« Erläuterung verlangt, warum auch der Anfang 2005 eingeführte Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten für die Teuerung verantwortlich sein soll. Diese seien doch kostenlos an die Energieerzeuger ausgegeben worden.
Seitdem die vier Energiegiganten kürzlich zusammen stolze Milliarden-Profite präsentierten, ist das Klima noch gereizter geworden. »Wehrlose Verbraucher werden geplündert«, polterte der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters. Der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) wies das ebenso zurück wie Hinweise aus Industrie und Wissenschaft auf 30-prozentige Preisaufschläge in diesem Jahr. VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller ging selbst zur Attacke über. Sie traf die konkurrierende Branche von Windkraft und Co. Zu deren Überleben werde die Politik den Verbrauchern in den nächsten Jahren einen Subventionsaufschlag von bereits 6 Milliarden Euro abverlangen.
»Grober Unfug«, konterte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), Milan Nitzschke. Die von Verbrauchern zu zahlende Umlage für Strom aus »Erneuerbaren« mache nur 2,8 Prozent des Strompreises von 19,6 Cent je Kilowattstunde aus. Mehr als 10 Cent entfielen auf Stromerzeugung und Netzdurchleitung und damit voll in die Verantwortung der Stromversorger.
Die aber haben sich zwei weitere Pfeiler gegen die staatliche Energiepolitik in den Köcher gesteckt: Einmal die Ökosteuer, die aber - nach der letzten Stromsteuer-Anhebung 2003 - nicht für aktuelle Energieverteuerungen verantwortlich gemacht werden kann. Bleibt der CO2-Handel.
RWE behauptet nach Zeitungsberichten, europaweit seien für 200 Millionen Tonnen zu wenig an Emissionsberechtigungen kostenlos ausgegeben worden. Dadurch müsse die Energiebranche zukaufen, was den Essener Konzern binnen drei Jahren mit 350 Millionen Euro belaste.

Artikel vom 23.08.2005