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Trapattonis Einsichten

Arminias nächster Gegner: VfB punktet in Bremen

Bremen (dpa). Na also: Giovanni Trapattoni hat verstanden. Zwei Mal revidierte der eigenwillige Coach des VfB Stuttgart im Auswärtsspiel bei Werder Bremen seine Entscheidungen und sprang damit über den eigenen Schatten.

Ê Zunächst holte er den ausgemusterten Kapitän Zvonimir Saldo ins Team zurück, und in der Pause stellte er die Defensiv-Taktik vom Ein-Mann-Sturm auf Zwei-Mann-Angriff um. Das Resultat, ein achtbares 1:1 (0:1) beim Tabellenzweiten und Champions- League-Teilnehmer, gab ihm Recht und schützte ihn zunächst vor einer unerfreulichen Trainer-Diskussion. Er steht aber weiter unter Druck: Im nächsten Heimspiel am 10. September gegen Arminia Bielefeld muss er unbedingt einen »Dreier« holen.
»Das positive Ergebnis in Bremen war sehr wichtig«, gestand Trapattoni. »Auch wenn die Mannschaft noch nicht die richtige Balance gefunden hat.« Seine Statements ließ der angespannt wirkende 66 Jahre alte Italiener diesmal übersetzen. Der neue Weg, den der Fußball-Philosoph mit dem Sturz des VfB-Denkmals Soldo einschlagen wollte, endete früh in einer Sackgasse. »Soldo hat gezeigt, wie wichtig er für das Team ist. Mittelfristig werde ich mit ihm planen, aber in Zukunft muss die Mannschaft neue Wege suchen. Ein Trainer hat die Pflicht, andere Dinge zu versuchen«, argumentierte Trapattoni.
Sein Rückzieher wurde von den VfB-Spielern einmütig begrüßt. »Soldo hat Sicherheit in unser Spiel gebracht. Alle haben die Maßnahme positiv aufgenommen«, sagte Silvio Meißner. Soldo selbst, ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, wollte kein Öl ins Feuer gießen. Der Kroate hatte die kurze Verbannung ohne Murren abgesessen, konzentriert weiter trainiert und auf seine Chance gewartet. »Ich freue mich, dass die Unterstützung der Kollegen so groß ist«, sagte der 37-jährige VfB-Kapitän.
Beinahe hätte Soldo sogar ein Tor erzielt. Doch das wäre des Guten für Trapattoni zu viel gewesen. Die Bremer stürmten nach der Führung durch Ivan Klasnic (40.) munter nach vorn und hatten vor 38 440 Zuschauern ein klares Chancenplus. Einmal rückten sie zu weit auf, Kapitän Frank Baumann verlor den Ball im Mittelfeld - prompt war Jon Dahl Tomasson (50.) entwischt. »Wir benötigen noch Zeit, um ein ordentliches Spielsystem zu finden«, sagte der Däne nach seinem ersten Bundesliga-Tor.
»Es war mehr drin, doch wir haben zehn Minuten in der Defensive nachlässig agiert. Da hätten wir das eigene Tor mehr schützen müssen«, sagte Werder-Trainer Thomas Schaaf. Seine sonst so starke Offensiv-Abteilung scheiterte drei Tage nach dem Champions-League-Qualifikationsspiel gegen den FC Basel trotz guter Gelegenheiten am schwachen Abschluss oder am starken VfB-Torhüter Timo Hildebrand.
Auch die Werder-Profis ärgerten sich über das Remis und den verpassten Bundesliga-Startrekord. Noch nie waren die Bremer mit drei Siegen in eine Saison gestartet. »Mit sieben Punkten aus drei Spielen liegen wir im Soll«, sagte Geschäftsführer Klaus Allofs. Bester Spieler bei den Gastgebern war erneut der Ex-Bielefelder Patrick Owomoyela.

Artikel vom 29.08.2005