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Amtstierarzt bestochen?

Fünf Verdächtige in Haft - Razzia gegen Fleisch-Mafia in OWL

Von Ernst-Wilhelm Pape
Lübbecke/Lage (WB). Bei einer Razzia in der Fleischbranche sind gestern in Ostwestfalen-Lippe, dem Münsterland und Niedersachsen fünf Verdächtige verhaftet worden. Ferner wurden Drogen und Schusswaffen beschlagnahmt. Außerdem steht ein Amtstierarzt unter Korruptionsverdacht.

Bei dem Amtstierarzt sind nach Informationen dieser Zeitung 400 000 Euro sichergestellt worden. Der Veterinär, der sich nicht in Haft befindet, wird beschuldigt, Bestechungsgeld kassiert und falsche Bescheinigungen ausgestellt zu haben.
Den fünf Verdächtigen wird unter anderem Steuerhinterziehung, Millionenbetrug und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen bis zu 550 Arbeiter, vor allem Rumänen, an Schlachthöfe der Firma Westfleisch (Münster) vermittelt haben. Für 100 bis 200 Arbeiter sollen Aufenthaltserlaubnisse erschlichen worden sein. 350 weitere Arbeiter wurden angeblich schwarz beschäftigt.
Die kriminellen Machenschaften sind nach den bisherigen Ermittlungen über ein Geflecht von 20 Firmen verübt worden. Als Hauptbeschuldigte gelten der türkische Arbeitervermittler Erol D. aus dem lippischen Lage und seine 37 Jahre alte dänische Lebensgefährtin Tina H. aus Lübbecke
An den Razzien, die gestern Morgen um 4 Uhr begann, waren 200 Fahnder der Staatsanwaltschaft Bielefeld, der Steuerfahndung und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls beteiligt. An 20 Orten, darunter Lage, Lübbecke, Hille (Kreis Minden-Lübbecke), Rheine, Hamm, Detmold und Cloppenburg, wurden 40 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Schlachthöfe der Firma Westfleisch wurden in Coesfeld, Lübbecke und Paderborn sowie in Münster die Westfalenland Fleischwaren GmbH durchsucht.
Das Unternehmen Westfleisch bestätigte, dass es bisher gut mit Arbeitervermittler Erol D. zusammengearbeitet habe. Die bestehenden Werkverträge hätten bislang keinen Grund für Beanstandungen gegeben, sagte Marketingleiter Meinhard Born.
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit teilte mit, dass sich die Ermittlungen derzeit nicht gegen Verantwortliche der Firma Westfleisch richteten. Unter den zehn größten deutschen Fleischverarbeitern, die es zusammen auf einen Marktanteil von 60 Prozent bringen , steht Westfleisch (1000 Beschäftigte) auf Platz drei, europaweit auf Rang vier. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz auf 1,4 (2003: 1,1) Milliarden Euro.
Um illegale Beschäftigung zu verhindern, habe Westfleisch eine neutrale Prüfungsgesellschaft beauftragt, Subunternehmer zu kontrollieren, hatte das Unternehmen Ende Juni mitgeteilt. Die Auslagerung von Mitarbeitern sei aber erforderlich, um am Markt bestehen zu können.

Artikel vom 25.08.2005