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Was ein Fürst lernen musste

Lehrreiches »Schlossfest« in Lemgo mit sieben Fakultäten

Von Dietmar Kemper
Lemgo (WB). Fürst Simon VI. kannte sich mit Dromedaren und Jupitermonden aus. Was der junge Adelige 1567 sonst noch auf dem Gymnasium in Straßburg lernte, können die Besucher des Schlossfestes in Lemgo an diesem Wochenende spielerisch erfahren.

Auf dem Gelände des Weserreniassance-Museums Schloss Brake in Lemgo wird das Wissen der Zeit am Samstag von 14 bis 22 Uhr und am Sonntag von 14 bis 18 Uhr ausgebreitet. »Wir kennen den Lehrplan des Gymnasiums in Straßburg und decken die sieben Fakultäten mit familienfreundlichen Mitmachaktionen ab«, sagte Museumssprecher Rolf Schönlau gestern dieser Zeitung.
Die sieben Fakultäten sind Astronomie, Rhetorik, Historie, Medizin, Philologie, Philosophie und Theologie. Apropos Medizin: Simon wurde empfohlen, Wasser aus den Vogesen zu trinken und sich in Fango einpacken zu lassen. Das Museum erinnert mit einer Moortretanlage daran, und die Medizinhistorikerin Brigitte Lohff aus Hannover berichtet über die Heilkunst in der Renaissance.
Simon VI., Hausherr im Schloss Brake, galt als universal gebildeter Fürst. Im Gegensatz zu heute waren die Gymnasien in der Renaissance Fürstensöhnen vorbehalten. Entsprechend dünn war die Bildungsschicht der Zeit. Wer aber Zugang zum Wissen fand, wollte immer mehr erfahren. »Der Wissenshunger war sehr groß«, betont Schönlau und verweist auf die humanistischen Gelehrten, die sich in ganz Europa austauschten.
Fürsten wie Simon mussten sich mit Wappen auskennen. Daraus entwickelte sich die individuelle Namensberatung, wie sie heute an der Universität Leipzig praktiziert wird.
Ein Vertreter der Einrichtung ist in Lemgo genauso vertreten wie der Weltmeister im Kopfrechnen, Gert Mittring. Er wird den Zusammenhang zwischen Mathematik und Renaissance-Musik mit ihren strengen Rhythmus- und Taktvorgaben deutlich machen. Ein Modell der Fachhochschule Lippe erinnert an Galileos Entdeckung der vier Jupitermonde, eine Rapsmühle an die Nutzung von Wasserkraft.
Ein Schauspieler des Landestheaters Detmold trägt die 1540 in Marburg gehaltene Rede eines Mannes vor, der in religiös aufgeheizter Atmosphäre forderte, Bilder aus Kirchen zu verbannen. In einer Gala am Samstag um 19.30 Uhr erklingt Renaissance-Musik, und Bestsellerautor Frank Goosen (»Liegen lernen«) liest.

Artikel vom 24.08.2005