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Israels Armee erwartet
noch starken Widerstand

Bis Wochenende sollen alle Siedlungen geräumt sein

Gaza (dpa). Eine Woche nach Beginn des israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen sind die Siedlungen schon fast vollständig geräumt. Gestern drangen die Räumungstruppen in vier weitere Siedlungen ein, von denen einige aber bereits von ihren Einwohnern verlassen worden waren.

Heute soll noch die isoliert liegende Siedlung Netzarim geräumt werden. Einen Tag später wird im Westjordanland mit der Räumung von vier Siedlungen begonnen, wobei die Regierung teils starken Widerstand erwartet.
»Der Abzug aus dem Gazastreifen ist bislang auf die bestmögliche Weise abgelaufen«, sagte ein Armeesprecher. Gestern billigte die israelische Regierung mit großer Mehrheit die letzte Phase der Räumung. Dabei geht es um sieben verbleibende Siedlungen, drei im nördlichen Gazastreifen, deren Einwohner bereits freiwillig abgezogen sind, und vier im Norden des Westjordanlands. Die israelische Armee geht davon aus, dass alle 25 zu evakuierenden Siedlungen im Gazastreifen und nördlichen Westjordanland bis Ende der Woche geräumt sein werden.
Bei dem Einsatz, der morgen beginnen soll, wird in den Siedlungen Homesch und Sanur im Westjordanland starker Widerstand befürchtet. Dort haben sich mehrere hundert jugendliche Abzugsgegner verschanzt, die als besonders radikal gelten.
Gestern drangen israelische Sicherheitskräfte in die Siedlungen Katif, Slav, Atzmona und Eli Sinai ein. In der bereits geräumten Siedlung Nisanit suchten Truppen nach zugereisten Protestierern. In Katif mussten Bulldozer brennende Heuballen und Holz-Paletten aus dem Weg räumen, mit denen die Siedler den Eingang blockiert hatten. Die am vergangenen Mittwoch begonnene Operation der israelischen Sicherheitskräfte war am Freitagabend wegen des jüdischen Sabbats für einen Tag unterbrochen worden.
Um geräumte Siedlungen im Gazastreifen wurden tiefe Schutzgräben ausgehoben, um ein Eindringen von Palästinensern zu verhindern. In der freiwillig geräumten Siedlung Ganei Tal begannen Siedler mit dem genehmigten Abbau aller beweglichen Güter. In anderen bereits evakuierten oder verlassenen Siedlungen im Gazastreifen bereiteten Bautrupps die Zerstörung leerer Häuser vor. Die palästinensische Autonomiebehörde wünscht eine Zerstörung der Siedlerhäuser und will auf den Flächen eigene Bauprojekte verwirklichen.
Der palästinensische Wohnungsminister Mohammed Ischtia kündigte gestern an, man wolle den Gazastreifen nach dem israelischen Abzug in eine einzige Provinz verwandeln. Bislang ist das Gebiet in fünf Verwaltungsbezirke aufgeteilt. Nach der israelischen Räumung wolle man mit neuen Bauprojekten Verbindungen zwischen den bestehenden palästinensischen Wohngegenden schaffen, sagte Ischtia.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte die rasche Umsetzung der Zwei-Staaten-Plans. Bei einer Pressekonferenz mit dem amerikanischen Gesandten David Welsh sagte Abbas, nach dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen gehe es jetzt um die Verwirklichung der von US-Präsident George W. Bush angestrebten Zwei-Staaten-Lösung.
»Ein palästinensischer Staat würde in Frieden Seite an Seite mit dem Staat Israel leben«, betonte Abbas. Am Samstag hatte Abbas Parlamentswahlen für den 25. Januar angekündigt. Vertreter seiner Regierung hatten noch vor einigen Tagen erklärt, die Wahl solle am 21. Januar stattfinden. Dieser Termin fiele jedoch mit einem moslemischen Feiertag zusammen. Ursprünglich war die Wahl, bei der erstmals auch Vertreter der militanten Hamas-Organisation antreten wollen, bereits für Juli geplant.

Artikel vom 22.08.2005