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Eine Million Pilger beim Papst

Weltjugendtag: Benedikt XVI. feiert Abschlussgottesdienst auf dem Marienfeld

Köln (dpa). Vor einer Million Pilgern hat Papst Benedikt XVI. zum Abschluss des Weltjugendtages in Köln den größten Gottesdienst in der deutschen Geschichte gefeiert. Dabei beschwor er die Rolle des Glaubens für den modernen Menschen und lobte den Einsatz der Jugend für eine gerechtere Welt.
Die australischen Teilnehmer jubeln: Der nächste Weltjugendtag ist 2008 in Sidney. Fotos: Reuters
Vor seinem Rückflug sagte der Pontifex gestern Abend, das Treffen habe es den Pilgern aus aller Welt ermöglicht, Deutschland besser kennen zu lernen. Deutschland sei für einige Tage »Mittelpunkt der katholischen Welt« gewesen.
Nach dem »Bösen«, das im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgegangen sei, sei sichtbar geworden, »dass es auch das andere Deutschland gab und gibt - ein Land einzigartiger menschlicher, kultureller und spiritueller Werte.« Er wünsche sich, dass diese Werte in die Welt ausstrahlten.
Auf dem Marienfeld hatte der Papst am Morgen erklärt: »Ich weiß, dass ihr als junge Menschen das Große wollt, dass ihr euch einsetzen wollt für eine bessere Welt.« Zugleich appellierte er an die Jugendlichen, den christlichen Glauben zur Richtschnur ihres Handelns zu machen. Freiheit bedeute nicht, »sich auszuleben und für autonom zu halten.«
Die Jugendlichen aus fast 200 Ländern verfolgten gestern die Predigt mit großer Konzentration. »Bleibt Christus und der Kirche immer treu. Der Friede sei immer mit euch«, rief der Papst den Menschenmassen zum Abschied vom Weltjugendtag zu, bei dem sich seit Dienstag 400 000 Jugendliche in Köln versammelt hatten. Zum Transport der Pilger setzte die Bahn allein am Wochenende 800 Sonderzüge ein.
Die meisten Jugendlichen, die sich auf einer Fläche von 600 Fußballfeldern zusammendrängten, hatten trotz der Kühle die Nacht auf dem ehemaligen Braunkohleabbau verbracht. Sie begrüßten das Oberhaupt der Katholiken mit lauten »Be-ne-detto«-Rufen.
Der Papst trug ein goldfarbenes Gewand. Zu Beginn der Messe machte der 78-Jährige einen angespannten Eindruck, hob bei trübem Wetter aber immer wieder die Hände zum Segen. In seiner stark theologisch gefärbten Predigt beklagte der Papst den Mangel an Religiosität in unserer Zeit. »Heute gibt es in großen Teilen der Welt eine merkwürdige Gottvergessenheit.« Am Ende der Messe lud er die jungen Katholiken zum nächsten großen Weltjugendtag 2008 in Sydney ein.
Am Samstagabend hatte der Papst auf dem Marienfeld mit mehr als 800 000 Gläubigen eine stimmungsvolle Abendandacht gefeiert. Im Licht ungezählter Kerzen, die die Gläubigen in Händen hielten und die den »Papsthügel« erleuchteten, räumte er ein, dass man an der Kirche »sehr viel Kritik« üben könne. »Sie ist ein Netz mit guten und schlechten Fischen, ein Acker mit Weizen und Unkraut.«
Bei einem Treffen mit überwiegend islamisch-türkischen Organisationen verurteilte der Papst den Terror aufs Schärfste. »Der Terrorismus, welcher Herkunft er auch sei, ist eine perverse und grausame Entscheidung, die das unantastbare Recht auf Leben mit Füßen tritt.« Die Attentäter hätten das Ziel, »unsere Beziehungen vergiften zu wollen«. Dabei »bedienen sie sich aller Mittel, sogar der Religion«.

Artikel vom 22.08.2005