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Ereignisreicher »Urlaub ohne Koffer«

Angebot des Ev. Gemeindedienstes und der Sozialen Stadtteilarbeit

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Wenn die Beine nicht mehr richtig wollen und die Gelegenheiten, aus dem Haus zu gehen, rarer werden, ist man für Reize dankbar, die von außen kommen. Vom »Urlaub ohne Koffer« jedenfalls waren 14 Seniorinnen hellauf begeistert.

»Zwei solche Erlebniswochen im Jahr wären zuviel«, sagt Erika Lischke. Ihr hat es nicht gefallen? »Langsam, junger Mann. Ich meine: zuviel für die netten Damen, die diesen wunderbaren Urlaub organisiert haben - wenn's nach mir geht, könnte die Aktion drei-, viermal im Jahr stattfinden!«
Ach so.
Seit mehreren Jahren kooperieren der Evangelische Gemeindedienst und der Förderkreis Soziale Stadtteilarbeit, um nicht mehr so ganz mobilen Gemeindemitgliedern ein paar ereignisreiche Tage bescheren zu können. Diesmal fuhren der Gemeindedienst-Bulli und die Johanniter die Teilnehmerinnen (Männer, wieso seid ihr so schüchtern?) vier Tage lang ins Matthäus-Gemeindezentrum am Brodhagen.
»Dort haben wir ein Bewegungs- und Gedächtnistraining angeboten und sind gemeinsam kreativ geworden«, erzählt die Sozialpädagogin Karin Bongards, die von der Sozialarbeiterin Barbara Laß, der Jahrespraktikantin Veronika Gayer und neun Ehrenamtlichen unterstützt wurde. Aus echtem Getreide und blauer Seide für eine Kornblume banden die Seniorinnen ein hübsches Gesteck; kleine Vasen waren vorhanden.
»Hm, das Essen ist lecker«, schwärmt (nicht nur) Lenchen Kremser angesichts des Seelachsfilets mit Kartoffelsalat, das mittags aufgetischt wird. Edith Limpke, die alle 14 Tage in die Kaffeestube im Matthäus-Gemeindezentrum einkehrt, weiß, dass hier Qualität Trumpf ist. Tief aus Bielefelds Osten, aus dem Wohnstift Salzburg, hat sich Ingeburg Schneider herfahren lassen, nachdem sie aus der Zeitung vom »Urlaub ohne Koffer« erfahren hatte. »Eine schöne Möglichkeit, mal aus der Wohnung herauszukommen und die Gesellschaft anderer Menschen zu genießen«, fügt Gertrud Neumann hinzu, die zum ersten Mal dabei ist, aber im nächsten Jahr (dann im Gemeindehaus Stieghorst) auf jeden Fall wieder mitmachen möchte.
Hedwig Honens schwärmt ganz besonders von der Fahrt nach Rheda und Wiedenbrück. »Die alten Gassen haben es mir besonders angetan.« Gerda Fullert war über das dort genossene Mittagessen am See glücklich, und Else Kramme fand die komplette Woche gelungen - »von A bis Z«.
Die jüngste 70, die älteste 91 - im Gesang waren sie alle vereint. Denn bevor jede Teilnehmerin am Abschlusstag ein Geschenk entgegennahm (ein gerahmtes Foto mit Grußkarte), erklang zu den Mundharmonikas von Siegfried & Klaus traditionelle, unbearbeitete Volksmusik. »So ein Tag, so wunderschön wie heute«, und alle sangen mit. »Schade, mit uns sterben die schönen Lieder ja wahrscheinlich aus«, fürchtet Erika Lischke.
Was nicht vergeht, ist der nimmermüde Einsatz der Organisatorinnen von Gemeindedienst und Förderkreis. »Ihnen gebührt ein großes Dankeschön«, sagt Gertrud Neumann, und alle pflichten ihr freudig bei, während sie sich an den mit Kerzen und Sonnenblumen geschmückten Tischen zu gemütlicher Runde niederlassen.

Artikel vom 22.08.2005