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Politik erhält schlechte Noten

OWL-Unternehmer nennen Bedingungen für höhere Investitionen

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld/Detmold (WB). Die Unternehmer in Ostwestfalen-Lippe sind mit der bisherigen Bundespolitik nicht zufrieden. Dies ergab eine Umfrage der beiden Industrie- und Handelskammern (IHK) in Bielefeld und Detmold zur bevorstehenden Wahl. Im Falle einer Wende ist die überwiegende Zahl bereit, mehr zu investieren.

Jeder zweite der 459 Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, erwartet nach Angaben von Ostwestfalens IHK-Präsidenten Herbert Sommer, dass die Entscheidung für Neuwahlen die eigenen Geschäftsaussichten verbessert. Fast ebenso viele sehen keinen Einfluss, nur vier Prozent eine Verschlechterung.
Sollte die neue Bundesregierung »egal in welcher Zusammenstellung« die von der Wirtschaft geforderten Maßnahmen umsetzen, können sie sich zumindest in OWL verstärkter Investitionen sicher sein. Nach Aussagen von Maren Lampe, der Vizepräsidentin der IHK Lippe, wollen dann 34 Prozent der Unternehmen »mehr« investieren. Vier Prozent planen für diesen Fall sogar »erheblich mehr«, weitere 20 Prozent immerhin »etwas mehr« Investitionen.
Gefragt, welche Maßnahmen für die Investitionsabsichten wichtig oder sehr wichtig wären, nannten 80,9 Prozent die Senkung der Arbeitgeberbeiträge. Damit landete die Reduzierung der Lohnnebenkosten auf Platz 1 der Wunschliste der Unternehmer an die Politik. Dafür würde die Wirtschaft, so Sommer, sogar eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in Kauf nehmen. Voraussetzung sei, dass die nur zur Senkung der Nebenkosten eingesetzt würden.
Auf den weiteren Plätzen landeten bei den Forderungen die Liberalisierung des Kündigungsschutzes (71,8 Prozent), die Senkung der Unternehmenssteuersätze (68,3) und eine bessere gesetzliche Absicherung betrieblicher Bündnisse für längere Arbeitszeiten (61,0).
Um die bisherigen Leistungen der Politik zu bewerten, forderten die Kammern die Unternehmer auf, Schulnoten zu vergeben. Dabei wurden das Bildungssystem und die sozialen Sicherungssysteme jeweils mit 4,1, die Unternehmensbesteuerung mit 4,3 und das Arbeits- und Tarifrecht mit 4,4 bewertet. »Fünfer« Schulnoten erhielten öffentliche Haushalte und die Dauer politischer Prozesse.
Mehrfach betonten die Kammersprecher, dass wirtschaftliches Handeln viel mit Psychologie zu tun habe. Gefragt, ob man eine große Koalition begrüßen würde, lehnte Axel Martens, Hauptgeschäftsführer in Lippe, diese ab. Bei der Konstellation sei zu befürchten, dass nur minimale Kompromisse in die Tat umgesetzt würden. Sommer: »Was wir brauchen ist eine Koalition der Vernunft.«

Artikel vom 20.08.2005