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Wo auch Münchhausen
gern Golf gespielt hätte
Raffinierte Plätze am Schlosshotel Schwöbber bieten Herausforderungen
Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein lang geschlagener Ball auf dem achten Fairway des Baron-von-Münchhausen-Golfplatzes bei Hameln sein Ziel erreicht.
Denn enger kann eine Spielbahn wohl kaum von Bäumen gesäumt sein - und nicht nur an diesem Nadelöhr fühlt man sich an den berühmten Lügenbaron erinnert. Die Anlage rund um das Schlosshotel Schwöbber gaukelt Lieblichkeit vor, lullt den Spieler immer wieder mit ausgezeichneten Panoramen des Weserberglandes ein - nur um ihm dann die Grenzen aufzuzeigen! Selbst gute Golfer machen oft die Erfahrung, mindestens zehn Schläge über ihrem Handicap zu spielen. Das soll aber Anfänger keineswegs schrecken, auf dieser erstklassigen Anlage ihr Glück zu versuchen. Denn »Münchhausen« ist fair - will heißen, dass er diejenigen bestraft, die zuviel anstreben oder gar ihren Mitspielern meisterliches Können demonstrieren wollen. Je niedriger das Handicap des Spielers, desto mehr wird er gefordert! Wer sich indes zurück nimmt, auf lange Schläge verzichtet (oder sie nicht so gut beherrscht), kann so manches Aha-Erlebnis verbuchen.
Dazu gehört auch die exzellente Beschaffenheit der Fairways und kleine oder in stufigen Wellen verlaufende, stets aber akkurat gepflegte Grüns. Seit einem Jahr machen auch zunehmend überregionale Gäste Bekanntschaft mit diesem außergewöhnlichen Platz des Hamelner Golfclubs. Denn seit das Schloss Schwöbber aus seinem Dornröschenschlaf erwacht ist und als Fünf-Sterne-Hotel mit Gourmetrestaurant glänzt, kommen Golfer aus der näheren und weiteren Umgebung. Hoteldirektor Karsten Wierig bekommt gerade von Tagungsgästen immer wieder zu hören: »Wenn ich gewusst hätte, dass es hier eine solch ausgezeichnete Golfanlage gibt, hätte ich meine Schläger mitgebracht. Aber so habe ich einen Grund, um wiederzukommen.«
Gerd Zeitz, der rührige Manager des Golfclubs, kann aber dennoch spontanes Spiel ohne Wartezeiten garantieren. Möglich macht es ein zweiter 18-Loch-Platz, der von der Golf-Fachpresse als »märchenhaft« und einer der schönsten Kurzplätze in Deutschland bewertet wird. Das Par 59 sagt bereits aus, welchen Charakter dieser nach der ehemaligen Schlossbewohnerin Lucia von Rheden benannte Platz hat: Die Fairways sind extrem kurz, die Grüns außergewöhnlich geformt oder extrem klein. Bereits das erste wirkt wie ein Guglhupf, das elfte gar weckt Assoziationen zum Altiplano in den Anden - eine regelrechte Hochebene. Wasserhindernisse stellen auch erfahrene Golfer vor Aufgaben. Gleich drei Gräben queren das vierte, 141 Meter lange Fairway. Das neunte Grün wird rechts von Wasser, links vom einem Bunker gesäumt. Und am zehnten Grün, frontal von einem halbrunden Teich abgeblockt, quakt beinahe hämisch ein Frosch, der sich durch das Platschen des verzogenen Balles gestört fühlte. Eingebettet in eine Parklandschaft mit alten Bäumen und einem munter plätschernden Bach, ist diese Anlage nicht einmal drei Kilometer lang - klein, aber oho!
Erfahrene Golfer, die das Spielen auf einem Kurzplatz als unter ihrer Würde empfinden, werden erst ihr grünes Wunder erleben - und, wenn sie ehrlich sind - schnell Gefallen daran finden. Vorsicht, dieser Platz kann regelrecht süchtig machen!
Entgegen der Angaben im Albrecht-Golfführer, dem Standardwerk des Deutschen Golfverbandes, ist er allerdings ebenso wie der Masterplatz nicht öffentlich. Greenfee-Spieler müssen also eine Clubmitgliedschaft und Handicap vorweisen. »Wer nur auf Greenfee-Einnahmen schielt, dem gehen irgendwann die Mitglieder aus«, sagt Gerd Zeitz. Auch Hoteldirektor Karsten Wierig kann mit dieser Situation leben: »Ich werde jedenfalls keinen Druck auf den Club ausüben, Ferienkurse mit garantierter Platzreife anzubieten, um darüber mehr Übernachtungen zu verkaufen. Das rechnet sich für die Hoteliers in Feriengebieten, aber nicht für das Weserbergland, welches ein klassisches Kurzreise-Ziel ist.«
Zeitz denkt indessen weiter: »Wir verfügen über reichlich Land, so dass denkbar ist, mittelfristig noch einen öffentlichen 9-Loch-Platz nach dem System pay & play anzulegen.« Wer die pfiffigen Hamelner kennt, kann sich ausrechnen, dass auch dieser ein Platz mit individuellen Herausforderungen werden wird. Thomas Albertsen

Artikel vom 27.08.2005