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Annas Omelett mit dem Papst

19-Jährige aus dem Kreis Paderborn isst mit Benedikt XVI. zu Mittag

Von Anna Herbst
Köln (WB). Locker, unkompliziert und einfühlsam - so haben zwölf Jugendliche aus allen fünf Kontinenten Papst Benedikt XVI. nach einem gemeinsamen Essen beschrieben. Unter ihnen war auch die 19-jährige Anna Herbst aus Fürstenberg, die für das WESTFALEN-BLATT vom 20. Weltjugendtag berichtet.

»Er ist wirklich ein Geschenk, dieser Papst, den wir jetzt haben«, sagte Nicolas Ossandon (19) aus Chile nach dem gemeinsamen Mittagsmahl mit dem Papst. »Er war einfach ein schöner Moment - als er in den Raum eintrat, war es, als berührte der Himmel die Erde«, erzählte die 19-jährige Australierin Lubica Jovanovic.
Auch Anna Herbst war vom Treffen mit Papst Benedikt begeistert. So hat sie den Tag erlebt: »Was heute Morgen noch völlig unvorstellbar für mich war, ist wahr geworden: Ich habe mit Papst Benedikt XVI zu Mittag gegessen. Aber von vorne: Nachdem ich mich heute Morgen papst-gerecht, also mit schwarzer Hose und orangefarbener langärmliger Bluse, gestylt habe, ging es mit der Bahn nach Köln.
Zu meinem Entsetzen blieb diese aber in Brühl stehen. Glücklicherweise hatte ich den Rat meiner Mama befolgt und einen frühen Zug genommen. So komme ich trotz halbstündiger Verspätung gerade noch pünktlich an. Nach vielen Irrwegen bringt mich ein Sicherheitsbeamter zu den anderen Jugendlichen, die auch mit dem Papst speisen dürfen.
Alle sind total sympathisch und vor allem eins: total aufgeregt. Als der Jugendbischof Franz-Josef Bode ankommt, geht es durch zahlreiche Sicherheitsschleusen in einen Aufenthaltsraum, wo ich Gelegenheit habe, die anderen elf Pilger besser kennen zu lernen Alle erzählen, wie sie zu diesem Essen gekommen sind. Jeder hat seine ganz persönliche spannende Geschichte.
Als es dann in den Essensraum geht, steigt die Anspannung weiter. Wie wird der Papst wohl sein, was wird er sagen, wie wird er aussehen? Und dann ist er plötzlich da. Ganz selbstverständlich steht er im Raum und lächelt uns an. Er geht auf jeden zu und gibt ihm die Hand. Ich bin überrascht, wie positiv, freundlich und liebenswürdig er ist. Eigentlich könnte Benedikt XVI. auch ein guter Opa sein, aber leider dürfen Päpste ja keine Kinder und Enkelkinder bekommen.
Am liebsten würde ich ihn den den Arm nehmen, aber das mache ich natürlich nicht. Stattdessen setzen wir uns alle zum Essen. Es gibt zuerst Salat und dann für den Papst und den Jugendbischof Bode Fisch und für uns mit Zucchini gefüllten Pfannkuchen. Doch dem Papst gefällt der Fisch nicht: »Viele zuviele Gräten«, sagt er und will lieber mit uns Omelett essen. Doch das eigentliche Essen steht mehr im Hintergrund.
Der Heilige Vater redet mit jedem einzelnen von uns, fragt, wo wir her sind, wie alt wir sind, was wir machen und vieles mehr. Toll, wie er auf alle eingeht. Doch die Zeit ist viel zu kurz. Wir haben den Hauptgang noch nicht beendet, da kommt der Reisebeauftragte des Papstes bereits und zeigt drohend auf die Uhr. Schnell wird der Nachtisch serviert, es gibt Apfelkuchen.
Völlig ungezwungen beantwortet der Papst all unsere Fragen und spielt sogar Dolmetscher, als einige die französische Sprache der Kanadierin nicht verstehen. Doch sein Zeitplan ist eng gestrickt, er kann nicht mal seinen Nachttisch zu Ende essen, schon muss er sich von uns verabschieden. Erneut gebe ich ihm die Hand und bedanke mich bei ihm.
Ich bin gerührt, wieso weiß ich auch nicht so genau. Weil ich mit dem Papst (!!!) gegessen haben, oder weil die Atmosphäre so schön war, oder weil seine Worte mich so bewegt haben? Ich weiß es nicht. Aber im Moment weiß ich eigentlich gar nichts, kann noch nicht so richtig fassen, was gerade passiert ist. Ich glaube, es wird noch einige Zeit dauern, bis ich all das verarbeitet habe.«

Artikel vom 20.08.2005