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Ausbruch aus der
U-Haft geplant

»Olymp«-Prozeß nun mit dem SEK

Bielefeld/Hamm (uko). Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen wird am Montag der »Olymp«-Prozeß vor dem Landgericht fortgesetzt. Grund dafür sind Ausbruchspläne, in die der Angeklagte Witali St. in der Justizvollzugsanstalt Hamm verwickelt gewesen sein soll. Ein Sprecher des Landesjustizvollzugsamtes bestätigte dem WESTFALEN-BLATT diese Vorwürfe.

Die Angeklagten St. (31), Eduard N. (32), Eugen P. (35) und Watscheslaw H. (29) müssen sich seit dem 23. Juni wegen des Vorwurfs der schweren räuberischen Erpressung vor der 1. Großen Strafkammer verantworten. Nach der Anklage von Staatsanwältin Sabine Schröder sollen sie »nach dem Vorbild der russischen Mafia« Schutzgelderpressungen im großen Stil betrieben haben. Ziel der Aktivitäten des Quartetts sollen besonders aus Russland stammende Geschäftsleute gewesen sein. N. soll bei Gesprächen mit den potenziellen Opfern die »Gesprächsführung« gehabt haben, St. soll für »die verbale Bekräftigung« gesorgt haben. P. und H. schließlich sollen für Drohungen und massive Gewalttätigkeiten zuständig gewesen sein.
Dabei handelten die Angeklagten unter dem Deckmantel des Bielefelder Vereins »Olymp«, sagt Schröder. Die Vereinsoberen - allesamt Russlanddeutsche - hatten sich die »Förderung junger talentierter Sportler« auf die Fahnen geschrieben.
Der Verein und die mutmaßlichen Schutzgelderpresser waren Ende des vergangenen Jahres aufgeflogen; seither sitzen die vier Männer in Untersuchungshaft. Alle Angeklagten hatten die Vorwürfe im Prozess bislang zurückgewiesen und ihre Unschuld beteuert. Am letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause war es dann anläßlich einer Zeugenaussage zum Eklat gekommen: Die Anwälte beantragten die Ablehnung des Kammervorsitzenden Wolfgang Korte, weil die Angeklagten den Richter für befangen hielten. Im Übrigen gebe es keinen Tatverdacht mehr gegen ihre Mandanten, erklärten die Verteidiger. Sie seien also aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Die vier Männer saßen in den Justizvollzugsanstalten Brackwede, Detmold, Münster und Hamm ein.
Der Leitung der JVA Hamm wurden in der vergangenen Woche jedoch Informationen zugespielt, wonach einige inhaftierte Russlanddeutsche einen Ausbruchsversuch aus der Haftanstalt planten. Das erklärte gestern Detlef Wenzel, Sprecher des Landesjustizvollzugsamtes Hamm. Ermittlungen sollen ergeben haben, dass ausgerechnet Witali St. zu dem »Kreis der Ausbruchswilligen« gehörte und an den Planungen maßgeblich beteiligt gewesen sei.
Dem Vernehmen nach soll St. auch in andere Vorkommnisse verwickelt gewesen sein. Der »Olympionike« wurde denn auch umgehend in die Justizvollzugsanstalt Hagen verlegt.
Am Montag wird der Prozess deshalb unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen fortgesetzt. Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei werden im Gerichtssaal und überdies im Landgericht eingesetzt. Die Anträge auf Aufhebung der Haftbefehle und auf Ablehnung von Korte sind übrigens zwischenzeitlich abgelehnt worden.

Artikel vom 19.08.2005