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Klassentreffen der
Punk-Veteranen

»Social Distortion« im Lokschuppen

Bielefeld (bex). Punkrock sei immer noch gefährlich, hatte Mike Ness zwischen zwei Songs verkündet. Am Mittwochabend konnte man im proppevollen »Ringlokschuppen« allerdings einen anderen Eindruck gewinnen. Beschaulich war's und sehr nostalgisch, beim Klassentreffen der Punk-Veteranen mit »Social Distortion«.

Abgesehen von mehr oder weniger längeren Pausen ist die Band um Mike Ness seit Ende der 70er Jahre dabei. Ein gutes Vierteljahrhundert und viele Tätowierungen später erlebt die kalifornische Formation ihren dritten Frühling. Auf der so gut wie ausverkauften Deutschland-Tournee mit mehreren Zusatzkonzerten machten sie im »Ringlokschuppen« Station. Annähernd 3000 Punkrock-Fans sorgten für eine beeindruckende Kulisse für ein allerdings eher durchschnittliches Bühnengeschehen. Solides Rock-Handwerk mit einem tief in amerikanischen Country- und Blues-Traditionen verwurzelten Repertoire bot den Soundtrack für eine 90-minütige Wiedersehensfeier, bei dem sich das Rebellentum mit Altherren-Beigeschmack selbst feierte. »Under my thumb« von den »Rolling Stones« und Johnny Cashs »Ring of fire« als Cover-Versionen zeugten davon, dass »Social Distortion« sich doch eher im Rock-Establishment zu Hause fühlen. Höhepunkt der Nostalgie-Show war die Vorstellung des 14-jährigen Nachwuchs-Punks Mirco, den Ness spontan aus dem Publikum auf die Bühne holte, um dann nicht ohne Genugtuung und mit viel Pathos festzustellen, dass ohne das Wirken der ersten Punk-Generation der mit buntem Irokesenschnitt bewehrte Junge wohl an jenem Abend nicht hier gestanden hätte.
Wesentlich mehr Biss hatten da schon die »Backyard Babies« aus Stockholm, die nach der Amsterdamer Band »Cooper«, für die sich so recht niemand interessierte, eine 1a-Rock-Show mit allem, was dazu gehört, hingelegt hatten: mit entblößtem Oberkörper breitbeinig gespielte Gitarrensoli, Patronengurte, großmäulige Ansagen und Mitklatsch-Animationen zu ihrer brodelnden Mischung aus »AC/DC«-Riffs und »Ramones«-Melodien bedienten jedes heiß geliebte Klischee. Die vier Schweden waren die klar besseren Entertainer.

Artikel vom 19.08.2005