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Das kämpferische Glamourgirl

Schauspielerin Eva Renzi stirbt mit 60 Jahren in Berlin an Krebs

Von Elke Vogel
Berlin (dpa). Sie wollte immer mehr sein als die schöne, begabte Schauspielerin. Eva Renzi, Glamourgirl der 60er Jahre, sorgte oft mit zorniger Kritik an unserer Gesellschaft für Aufsehen. Gestern erlag sie im Alter von 60 Jahren in Berlin einem Krebsleiden.
Wegen ihrer Schönheit wurde Eva Renzi bewundert, wegen ihres vorlauten Mundwerks kritisiert. Als sie Paul Hubschmid heiratete, galten die beiden als Traumpaar des deutschen Films. Aus einer anderen Beziehung ging die Tochter Anouschka (unten, links) hervor. Gestern gab die Familie den Tod von Eva Renzi bekannt. Fotos: dpa
Ob sie über Misshandlungen im Meditationszentrum der indischen Bhagwan-Sekte berichtete oder für die bessere Aufarbeitung der NS-Geschichte kämpfte - Eva Renzi mischte sich in die gesellschaftspolitischen Diskussionen ein. Sie habe stets ihren Ekel und ihren Hass, vor allem auf ihren Vater aus sich herausschleudern wollen, sagte die Frau, die eine unglückliche Kindheit durchlitt, einmal. »Stattdessen habe ich ganz schnell ein Image verinnerlicht, bei dem nur mein Aussehen zählte, das Hübsche, hoch Aufgeschossene, Attraktive«, verriet Renzi. Der schnellen Karriere ihrer Tochter Anouschka stand die Mutter deshalb lange skeptisch gegenüber - das Verhältnis zur Tochter war bis zuletzt getrübt.
Als Evelyn Renziehausen wurde Renzi am 3. November 1944 in Berlin geboren. Der Vater, ein dänischer Mayonnaise-Fabrikant, und die französischstämmige Mutter ließen sich scheiden, als sie erst drei Jahre alt war. Das Mädchen wuchs in Internaten und Klosterschulen auf und schlug sich später unter anderem als Telefonistin, Hostess, Platzanweiserin und Fotomodell durch. Daneben absolvierte sie eine Schauspielausbildung bei Else Bongers in Berlin.
1964 erhielt Renzi ihr erstes Engagement im Ensemble von Erwin Piscator an der Freien Volksbühne Berlin. Nach der Geburt ihrer Tochter Anouschka wollte sie als allein erziehende Mutter in die USA gehen. Doch der Journalist und Drehbuchautor Will Tremper engagierte sie für den Film »Playgirl«: Mit der Geschichte eines Mädchens auf der Suche nach der Liebe des Vaters kam der Durchbruch beim Film.
Renzi wurde von der Kritik als »Mischung aus Julie Christie und Ingrid Bergman« bejubelt. In vier Jahren drehte sie zehn Filme, unter anderem mit Paul Hubschmid, in den sie sich verliebte. In Las Vegas heirateten die beiden 1967 und galten fortan als Traumpaar des deutschen Films.
An ihrem neuen Wohnort Hollywood hatte die eigenwillige Renzi schnell Probleme mit ihrem Star-Image und lehnte unter anderem eine Rolle als James-Bond-Girl an der Seite von Sean Connery ab. In Deutschland suchte sie sich einen eigenen Freundeskreis und rebellierte gegen »das Luxusleben, die Nazis, die Deutschen überhaupt«. 1973 brach Renzi zu einer mehrmonatigen Reise nach Indien auf. Nach ihrer Rückkehr warf sie dem Meditationszentrum der Bhagwan-Sekte Drogenmissbrauch sowie Misshandlungen vor.
Vor allem im Ausland drehte Renzi Fernsehfilme. 1971/72 war sie im US-Fernsehen der weibliche Star in der Serie »Primus«. In der Schweiz moderierte sie sechs Folgen der Talk-Show »Heute für Leute«. Im deutschen Fernsehen war Renzi in den 80er Jahren unter anderem in den Serien »Das Waldhaus«, »Peter Strohm« und »Das Erbe der Guldenburgs« zu sehen. Daneben trat sie am Theater auf und absolvierte zahlreiche Tourneen. 1980 wurde ihre schon Jahre zuvor zerbrochene Ehe mit Paul Hubschmid geschieden.

Artikel vom 17.08.2005