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Arminia verspricht sich viel von Radim Kucera

Tschechischer Defensivstratege kommt für drei Jahre

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Nach sieben Jahren trug Radim Kucera am Sonntag zum letzten Mal das Trikot von Sigma Olmütz. Beim 2:1-Sieg im Auswärtsspiel bei SK Jablonec bereitete er sogar noch einen Treffer vor -Êsein Abschiedsgeschenk. Danach setzte sich der 31 Jahre alte Fußballprofis sofort ins Auto seines Beraters Roman Brulik und ließ sichÊ durch die Nacht in die Bundesliga fuhren -Êzum DSC Arminia Bielefeld.

Solcherlei Engagement imponiert im viel zu oft rein geschäftsmäßig betriebenen Profifußball den Arminia-Geschäftsführern. Sie zeigten sich gestern überzeugt, mit dem endlich perfekten Transfer des Defensivallrounders einen guten Griff getätigt zu haben. »Allein die Geschichte seiner Anreise zeigt, dass er unbedingt zu Arminia wollte«, meinte Reinhard Saftig. Roland Kentsch ergänzte: »Der feste Wille, mit 31 Jahren in der Bundesliga zu zeigen, was er drauf hat, war ein wesentlicher Faktor dafür, dass der Transfer zustande gekommen ist.«
»Für mich war es immer ein Traum, in einer der stärksten Ligen der Welt zu spielen«, ließ Kucera gestern von seinem alten und neuen Mannschaftskollegen David Kobylik übersetzen. Die beiden ehemaligen Olmützer in Bielefelder Diensten bilden vorläufig eine Fußball-WG. Sobald der Neu-Armine, der gestern sein Autogramm unter einen Vertrag bis zum 30. Juni 2008 setzte, eine eigene Unterkunft gefunden hat, sollen Ehefrau Pavla und die Kinder David (5 Jahre) und Adela (4 Jahre) nachkommen. »Sie freuen sich schon«, sagte Kucera, der mit dem Wechsel nach Ostwestfalen vor der größten Herausforderung seiner bisherigen sportlichen Laufbahn steht, die sich bislang ausschließlich in der tschechischen Republik abgespielt hat.
Arminia hat mit Kuceras Verpflichtung, für die eine Ablösesumme zwischen 300 000 und 400 000 Euro fällig wird, auf die verletzungsbedingten Ausfälle der Stammspieler Petr Gabriel und Rüdiger Kauf reagiert. Denn die Innenverteidigung und das defensiven Mittelfeld gelten als ideale Einsatzgebiete des neuen Mannes. Der sieht das übrigens gar nicht so eng: Er spiele überall, meinte Kucera, um die Frage nach seinem Lieblingsposten anschließend ein wenig ulkig mit »Stopper« zu beantworten - einer Position, die im modernen Fußball »ausgestorben« ist. Kuceras Qualitäten werden in Bielefeld allerdings dennoch gefragt sein, so wie in seiner Heimat. Dort war der Rechtsfuß nach der vergangenenen Spielzeit als linker Verteidiger in die »Elf der Saison« gewählt worden.
Reinhard Saftig, Arminias Geschäftsführer Sport, zeigte sich gestern erleichtert, dass der Transferpoker ein gutes Ende nahm: »Es war schon eine schwierige Angelegenheit in den vergangenen drei, vier Wochen.« Diese Anstrengungen sollen sich nun auszahlen. Heute wird Kucera erstmals mit seinen neuen Mannschaftskollegen trainieren, ein Einsatz im abendlichen Testspiel gegen Al Wahda (18 Uhr im Herforder Jahnstadion) hat allerdings für Trainer Thomas von Heesen überhaupt keine Priorität. Schließlich hat der Tscheche zuletzt in vier Tagen zwei Spiele absolviert. Läuft alles normal, dürfte Kucera sein Arminia-Debüt am Sonntag beim DFB-Pokalspiel im Magdeburg geben.
Radim Kucera, der Angeln als liebstes Hobby angibt, eilt derweil der Ruf eines munteren Mannschaftsspielers voraus. In Olmütz soll er sich seine mehrmalige Wiederwahl zum Mannschaftskapitän nicht nur durch gute sportliche Leistungen, sondern auch durch ein überragendes Talent, Witze zu erzählen, verdient haben. Auch deshalb will er nun so schnell wie möglich die deutsche Sprache lernen. Bislang spricht er nämlich ausschließlich tschechisch und russisch. Deshalb dürften seine Pointen vorerst noch nicht bei allen Mitspielern ankommen.

Artikel vom 16.08.2005