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Soziale Sicherungssysteme in
Deutschland aufrechterhalten

Wahlkampfauftakt der NRW-SPD mit Bundeskanzler Schröder in Bielefeld

Von Dirk Schröder
Bielefeld (WB). »Oh, was sind für viele Leute da.« Ein gutgelaunter Bundeskanzler Gerhard Schröder war doch etwas erstaunt, als er gestern pünktlich gegen 17 Uhr den Rathausplatz in Bielefeld betrat.
Bundeskanzler Gerhard Schröder erinnerte daran, dass er in den 60er Jahren in Bielefeld in der August-BebelStraße gewohnt habe. »Darum konnte aus mir nur ein Sozialdemokrat werden.« Neben ihm der Bielefelder SPD-Abgeordnete Rainer Wend und der NRW-Chef der SPD, Jochen Dieckmann (l.). Foto: Stefan Hörttrich
Zum Auftakt des SPD-Wahlkampfes in NRW warb Schröder vor 7000 Zuhörern für die Fortsetzung seiner Politik und ließ sich auch von Zwischenrufern nicht aus der Ruhe bringen. Ihn verbinde viel mit dieser Stadt, erinnerte der aus Lippe stammende Kanzler daran, dass er 1966 auf dem zweiten Bildungsweg in Bielefeld sein Abitur gemacht hatte.
Auffallend war, dass Schröder den politischen Gegner direkt nur mit wenigen Sätzen ansprach. Dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber warf er vor, die Deutschen in Ost und West zu spalten. »Statt sich um Verständigung zu bemühen, sät Stoiber Zwietracht.«
Die neue Linkspartei forderte er auf, sich von rechtsextremen Positionen abzugrenzen. »Zieht klare Grenzen zum rechten Sumpf, denn darauf ist noch nie etwas Gutes für Deutschland entstanden.« Über die beiden Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi sagte er lediglich, ohne ihren Namen zu nennen, immer wenn es eng wurde, seien beide vor der Verantwortung weggelaufen.
Schließlich begrüßte es Schröder, dass die Union in der Frage militärischer Interventionen auf seine Linie eingeschwenkt sei, um zugleich aber wieder einzuschränken: Er wolle der Union den Friedenswillen ja nicht absprechen, die Frage sei jedoch, ob sie auch friedensfähig sei. Schröder stellte für sich klar: »Ob Deutschland sich an einer militärischen Intervention beteiligt, wird ausschließlich in Berlin beschlossen.«
So wenig, wie sich der Kanzler mit dem politischen Gegner direkt befasste, so wenig ging er auch auf das schwerwiegendste Problem, dass Deutschland gegenwärtig beschäftigt, direkt ein. Das Wort Hartz IV war aus seinem Mund nicht zu hören und zum Arbeitsmarkt war von ihm lediglich zu hören: Seine Regierung habe dafür gesorgt, dass 180 000 Jugendliche die Chance auf eine Ausbildung erhalten hätten.
Ansonsten nannte er eine zentrale Herausforderung, angesichts der Globalisierung, des verschärften Wettbewerbs die sozialen Sicherungssysteme aufrecht zu erhalten, die die ältere Generation aufgebaut hätten. »Unsere Kinder haben ein Recht darauf.«
Der Kanzler lobte sich dafür, dass dank seiner Reformen die Gesundheitsvorsorge weiter solidarisch gewährt werde, um die Gesundheitspläne der Union mit dem nicht das erste Mal gehörten Argument zu kritisieren: »Es ist ungerecht, wenn der Generaldirektor für seine Gesundheitsvorsorge genau so viel bezahle wie seine Putzfrau.« Er wolle dagegen seinen »sozial ausgewogenen Kurs« fortsetzen.
Schröder warf der Union vor, unfähig zu sein, Reformen voranzubringen. »Wir müssen zu Ende bringen, was in den 90er Jahren verschlafen worden ist.« Der Union könne man den Aufbruch nicht zutrauen, auch nicht bei den Renten. Die SPD sorge dafür, dass die Altersvorsorge für die junge Generation bezahlbar bleibe.
Natürlich will der Kanzler auch in Bildung investieren. Die SPD setze auf eine Politik, die Familie und Beruf in Einklang bringe.
Schließlich nahm er sich noch die von Unions-Ländern geplante Studiengebühr vor. Er kämpfe dafür, dass das Studium nicht vom Geldbeutel, sondern von der Begabung abhänge.
Nach nahezu 40 Minuten ließ Schröder die Zuhörer mit dem Versprechen zurück, für alle Menschen eine gute Chance schaffen zu wollen. Von den fast fünf Millionen Arbeitslosen hatte er vorher nicht gesprochen.

Artikel vom 17.08.2005