17.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Stimmen gehört und
Alkoholiker verprügelt

Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt


Bielefeld (uko). Weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit einen Passanten vom Fahrrad geprügelt hat, hat das Landgericht gegen einen 29-jährigen Türken die Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet. Allerdings wurde die Maßregel zur Bewährung ausgesetzt.
Am Nachmittag des 2. Oktober 2003 hielt sich Hassan F. (Namen der Beteiligten geändert) im Rochdale-Park auf, weil er angeblich einen Schuldner suchte. Ein Freund hatte ihm den Mann beschrieben, der angeblich 150 Euro von Hassan F. hatte. Er habe für diesen Betrag Drogen kaufen wollen, jedoch bis zu dem Tag kein Rauschgift bekommen.
Gegen 17.10 Uhr kam ihm am Ausgang zur Bleichstraße der Bielefelder Heinz E. auf dem Fahrrad entgegen. Der Alkoholiker sollte für seine Saufkumpane flüssigen Nachschub besorgen. Hassan F. schubste den 42-jährigen Mann vom Velo und prügelte auf sein Opfer ein. Durch die Schläge und durch einen Fußtritt erlitt Heinz E. erhebliche Verletzungen im Gesicht. Mehrere Zähne waren ihm ausgeschlagen worden.
Vor der 10. Großen Strafkammer gab Hassan F. jetzt die Verwechslung zu. Er habe wohl den falschen Mann grundlos verprügelt. Hassan F. saß gestern als Beschuldigter vor dem Landgericht, weil in einem Sicherungsverfahren über seine Unterbringung in der Psychiatrie zu entscheiden war. Eine Sachverständige hatte den Mann als zur Tatzeit einsichts- und damit als schuldunfähig bezeichnet. Seit seinem 15. Lebensjahr leidet der Türke unter einer paranoiden Schizophrenie. Er hört Stimmen, die ihm sein Handeln vorschreiben. Vor jener Tat habe eine Stimme ihm zugeflüstert: »Das ist er. Gib mir mein Geld zurück.«
Hassan F. lebt derzeit in Bethel und wird dort recht erfolgreich behandelt. Dazu gehört auch eine kontinuierliche und strikte Medikamentierung. Mittlerweile absolviert er sogar eine Arbeitstherapie in Eckardtsheim. Für seine Betreuer ist das eine positive Entwicklung des Kranken.
Mit »Bauchschmerzen« setzte die Strafkammer den Vollzug der Unterbringung daher zur Bewährung aus. Die Kammervorsitzende Jutta Albert machte dem Mann jedoch deutlich, daß jedweder Verstoß gegen die Auflagen - zum Beispiel der Kontakt zur Bewährungshilfe, die regelmäßige Einnahme der Medikamente - zu einem Widerruf führe. Albert: »Dann kommen Sie nach Eickelborn in die geschlossene Psychiatrie.«

Artikel vom 17.08.2005