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»Dahinten liegt noch Schotter«

Börse mit Barem und »Plastikgeld« auf Autodach vergessen - ehrliche Finder

Lübbecke (wm). Diese Situation ist für jede Slapstick-Einlage geeignet, ist Gegenstand von Werbefilmen: Man legt die mit Scheinen und Plastikgeld gut gefüllte Börse aufs Autodach, um gerade noch etwas einzuladen, steigt ein, braust los - und erleidet nach einigen Kilometern fast einen Schock, weil die Börse nicht auf dem Beifahrersitz liegt, wo sie sonst immer ist.

Und dann ist klar, dass das passiert ist, worüber man immer nur gelacht und gesagt hat: »Das kann mir nicht passieren!« Seit gestern weiß Frank Bailony, dass dies doch passieren kann.
Der 37-jährige Dipl.-Ing. hält sich zu Besuch bei seinen Eltern in Lübbecke auf. Er hat sich gerade mit Bargeld versorgt, legt die Börse auf das Dach seines Wagens, lädt noch etwas ein -Êund fährt los. Rund 150 Meter später »verabschiedet« sich die Börse: Die Fliehkraft lässt sie in der nächsten Rechtskurve im Bereich Jahnstraße / B 65 vom Dach rutschen, während Frank Bailony zügig Richtung Rahden weiterfährt. Drei Ampeln weiter fällt ihm auf, dass ihm etwas fehlt. Und als auch ein Anruf bei seinen Eltern die Börse nicht wieder zutage fördert, weiß er: »Jetzt bin ich der Depp, der viel Glück braucht . . .«
Und das hat er in Gestalt eines ehrlichen Finders mit Namen Wolfgang Sprentzel. Als der Sportredakteur der LÜBBECKER KREISZEITUNG auf der Kreuzung B 65 / Jahnstraße anhalten muss, bemerkt er eine kleine schwarze Mappe auf der Gegenfahrbahn, aus der Papier heraus schaut. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt er, dass das Papier Geld ist. Er steigt aus seinem Wagen und kann die Börse, über die zuvor noch drei Pkw gefahren sind, aufheben, als endlich ein freundlicher Lkw-Fahrer anhält. Dann tauchen zwei Mitarbeiter der Stadtwerke Lübbecke neben ihm auf, die auch Geldscheine gefunden haben, und vom Gerüst des Realschul-Erweiterungsbaues rufen Arbeiter: »Da unten liegt noch mehr Schotter!« Weil der Verkehr noch immer steht, kann Sprentzel auch dieses Scheine einsammeln.
In der Redaktion der LÜBBECKER KREISZEITUNG beginnt dann die Recherche nach dem Börsen-Besitzer. Man zählt rund 300 Euro Bargeld und ein gutes Dutzend Geld- und Kreditkarten, Personalausweis, Führerschein, Lottoscheinquittung sowie Visitenkarten mit einer Firmentelefonnummer. Über diese erfährt man die Mobil-Nummer von Frank Bailony. Weil er sich nicht sofort meldet, wird ihm die gute Nachricht vom Fund der Börse auf den Anruf-Beantworter gesprochen. Wenige Minuten später ist er selbst »am Rohr« -Êund heilfroh darüber, dass er beim ehrlichen Finder Wolfgang Sprentzel seine gut bestückte Börse abholen kann.

Artikel vom 17.08.2005