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Der Papst kurbelt das Souvenir-Geschäft an

Die Vermarktung von Benedikt XVI. scheint grenzenlos

Köln (dpa). Ganz oben auf der Weingummi-Selbstbedienungstheke thronen sie, die Papstlutscher, in den Geschmacksrichtungen Kirsche und Waldmeister. Wer die fruchtige Variante haben möchte, greift zu dem langstieligen Lutschwerk mit dem Bild von Johannes Paul II., sein Nachfolger Benedikt XVI. verspricht Kräuter-Geschmack.

Beide schauen mit erhobenem Arm aus goldenen, verschnörkelten Rahmen heraus. »Die Lutscher laufen sehr gut«, sagt Doris Sommerfeld, die in der Süßwarenabteilung eines großen Kölner Kaufhauses an der Kasse sitzt. Zum Weltjugendtag, der von heute bis Sonntag in Köln stattfindet, kurbelt der neue Pontifex das Souvenirgeschäft an, ehe er überhaupt heimatlichen Boden betreten hat.
»Hier gibt es ja alles in Hülle und Fülle«, staunt Uwe Trapp und dreht den Postkartenständer vor einem kleinen Geschenkeladen hin und her. Der Theologiestudent aus Frankfurt sucht eine Ansichtskarte mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. Die Wahl fällt ihm schwer, schließlich ist der Papst in allen Größen vor verschiedenen Hintergründen erhältlich. Mal wurde sein Konterfei gleich vor Rhein und Dom montiert, ein anderes Motiv zeigt ihn in Rom, wahlweise segnend oder winkend in bunt und schwarz-weiß. »Wenn ich keine Soutane tragen würde, fände ich auch die T-Shirts nicht schlecht«, sagt Trapp und deutet nach oben. »De Papst kütt« oder »Papa Colonia 2005« steht in großen Buchstaben in Brusthöhe.
Dass sich mit dem Papst Geschäfte machen lassen, haben viele Kölner Einzelhändler erkannt. In der Innenstadt gibt es kaum ein Schaufenster, in dem nicht »Devotionalien« zu finden sind: angefangen bei Papst-Teddys, Kerzen, Kugelschreibern und Schlüsselanhängern mit Kreuz in der Preiskategorie 15 Euro bis hin zu teurer Glaskunst und Kreuzen im Wert von 3000 Euro.
Auch eine große Elektronikkette hat ihr Sortiment auf das Großereignis und den Papstbesuch ausgerichtet: Die offizielle CD zum Weltjugendtag, »Building one world«, ist längst erhältlich, Hollywood-Streifen wie »Die Passion Christi« sind im Angebot, und das vierteilige Hörbuch »Habemus Papam« schildert die Entwicklung im Vatikan seit dem Tod von Papst Johannes Paul II.
Wer in dieser Woche nicht auf Pontifex-Souvenirs setzt, liegt auch mit »normalen« kölschen Geschenkartikeln hoch im Kurs. »Ich schätze mal, dass alles gut laufen wird« sagt Weinhändler Leonhard Schwarzer und präsentiert Dom-Sekt und Colonia-Riesling gut sichtbar vor der Eingangstür. Dass der Weltjugendtag nicht nur geistlichen, sondern auch finanziellen Segen bringt - damit rechnet auch die Kölner Industrie- und Handelskammer. »Wenn jeder der 300 000 Besucher an nur einem Tag für 65 Euro einkauft, kann sich der Einzelhandel über Mehrumsätze von 20 Millionen Euro freuen.«

Artikel vom 16.08.2005