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Morizo und Kikkoro auf Weltreise
Besucherprognose der Japan-EXPO mit 15 Millionen Ticketkäufern wird bis zum 25. September wohl übertroffen
Fünf Jahre liegt die Weltausstellung EXPO in Hannover bereits zurück. Noch bis zum 25. September 2005 zeigt sich die Welt jetzt in Japan - in Nagoya in der Provinz Aichi.
»Weisheit der Natur« ist das Motto der EXPO, an deren grünen Maskottchen mit den Namen Morizo und Kikkoro niemand vorbei kommt: Das Duo prangt auf Tüten und Aufklebern, Milchdosen und T-Shirts, taucht als Geldbörse und Handtasche auf.
Obwohl die Länder-Pavillons in Hannover vor fünf Jahren - Japan selbst war dort mit einem Bauwerk aus Recycle-Papier vertreten - zumindest von außen deutlich fantasievoller waren - die Besucherzahlen von Nagoya werden die von Hannover wohl weit übertreffen.
Die Organisatoren von 2000 hatten mit 40 Millionen zahlenden EXPO-Gästen kalkuliert; als die Weltausstellung nach 153 Tagen schloss, waren knapp 18 Millionen gekommen. In Nagoya hatte man 15 Millionen Besucher prognostiziert - Ende Juli waren bereits 13 Millionen da. An Spitzentagen strömen 150 000 Interessenten auf das weitläufige Gelände.
Herzstück ist der Loop, der Rundlauf auf Stelzen. Er ist 2,6 Kilometer lang und 21 Meter breit, verbindet die »Erdteile« miteinander.
Hergestellt wurde der Loop aus Holz: Holz aus Brasilien, Holz aus Aichi selbst und Holz, das nur aussieht wie Holz, aber aus Abfall hergestellt wurde. Ein Unterschied? Auf den ersten Blick kaum.
Allerdings musste beim Loop nachgerüstet werden: Wegen der großen Hitze in Nagoya, die die Temperaturen an vielen Tagen auf Werte über 35 Grad ansteigen lässt, wurden Sprühduschen angebracht, die die Menschenströme mit einem feinen Wasserfilm erfrischen. Erfrischungen werden zudem überall verkauft: an Ständen und vor allem in Getränkeautomaten mit einer gigantischen Auswahl zu moderaten Preisen. Selbst Getränke mit auf das EXPO-Gelände zu bringen ist verboten: Aus Angst vor (Gift-)Anschlägen werden den Besuchern nach Einlasskontrollen wie an Flughäfen die Getränkeflaschen und -packungen abgenommen.
Eines allerdings müssen die Besucher mitbringen: Geduld. Die wird ihnen nicht nur beim Ticketkauf und bei der Einlasskontrolle abverlangt, sondern auch dann, wenn sie die Länder-Pavillons besuchen wollen. Mehrere Stunden anzustehen ist keine Ausnahme.
Beliebt ist auch der deutsche Pavillon - das Gebäude in Kistenarchitektur teilt sich Deutschland mit Frankreich. Im Inneren bietet Deutschland den Besuchern eine Reise durch die Welt des Wassers: Sie beginnt tief unter der Erde und führt hinauf auf die Oberfläche, ja, bis in den Himmel. Verbunden wird die Reise nicht nur mit deutscher Idylle zwischen München und Ahlbeck, sondern auch mit Beispielen deutscher Technologie wie dem Airbus. Im Souvenirladen ist das Angebot ausschließlich dem angepasst, was die Mehrheit der Japaner wohl über Deutschland weiß: Es gibt Bierseidel, Alpensalz, deutschen Senf und Bilder von Schloss Neuschwanstein samt »Kieni«.
Während Italien seinen Pavillon komplett auf die Olympischen Spiele im Winter 2006 in Turin ausgerichtet hat, findet die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im deutschen Pavillon mit keinem einzigen Wort Erwähnung.
Weil Japaner gern zu jeder Tageszeit ein paar Minuten erholsamen Schlaf einschieben, gehört der türkische Pavillon bei ihnen zu den Attraktionen: Dort ist es dunkel und kühl, der Pavillon ist mit Teppichen ausgelegt, auf denen man es sich bequem machen kann. Auf das Schlafbedürfnis der Japaner setzt auch die UNO: Sie bietet reichlich Platz zum Ausruhen an. Kuba wirbt mit Kaffee und - Ernest Hemingway, dem amerikanischen Literatur-Nobelpreisträger (1898-1961), die asiatischen Nachbarländer Japans setzen bei ihren Präsentationen vor allem auf ihre touristischen Ziele. Vor dem österreichischen Haus lassen sich Japaner gern mit Musikern in Krachlederner fotografieren, »in Kanada« sind die Mounties in ihren leuchtend roten Jacken beliebt.
Die aufwändigsten Pavillons wurden von japanischen Unternehmen gestaltet. Dort stehen auch die längsten Warteschlangen - zwei bis drei Stunden Anstehen nehmen die Menschen auf sich, um ins Innere der Pavillons zu gelangen. Wie in Hannover überquert auch in Aichi eine Seilbahn das weitläufige Gelände mit zahlreichen »grünen Lungen«, einem großen Koi-Teich und einem typisch japanischen Garten. Auf diversen Bühnen treten Gruppen aus aller Welt auf - darunter auch der Bielefelder Kinderchor.
Eigentlicher Mittelpunkt aber ist die Japan-Plaza: drei Etagen voller Restaurants aller Art - vom Sushi-Lokal bis zum Miso-Suppen-Ausschank.
Wer sich nicht zurecht findet, kann sich an einen der zahllosen freiwilligen Helfer jeden Alters in ihren leuchtend gelben Jacken wenden. Deren Unterstützung geht hin bis zu den Abfallsammelpunkten: Dort wird jedem genau erklärt, wie der Müll getrennt werden muss. Die positive Folge: Nirgends liegt auch nur ein einziges Fitzelchen Papier herum.
Burgit Hörttrich

Artikel vom 20.08.2005