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Falsche Angaben über Erschossenen

Tötung eines Terrorverdächtigen belastet die Londoner Polizei

Erschossen: Jean Charles de Menezes.

London (dpa). Neue Informationen zur irrtümlichen Erschießung eines Brasilianers belasten die Londoner Polizei. Der Elektriker Jean Charles de Menezes war von der Polizei am 22. Juli fälschlicherweise für einen Selbstmordattentäter gehalten und erschossen worden. Danach sagte Scotland Yard, der 27-jährige habe sich verdächtig gemacht, weil er trotz mehrerer Zurufe nicht stehen geblieben und über die Absperrung einer U-Bahn-Station gesprungen sei. Außerdem habe er trotz Sommerwetters einen dicken Mantel getragen, unter dem er Sprengstoff hätte verstecken können.
Doch wie die britischen Zeitungen unter Berufung auf interne Polizeidokumente berichteten, steht jetzt fest, dass das nicht stimmt.
Befragungen der beteiligten Polizisten durch Scotland Yard hätten ergeben, dass Menezes nicht davongerannt sei. Er habe die U-Bahn-Station normal durch Öffnen der Schranke mit seiner Fahrkarte betreten, sich noch eine Gratiszeitung genommen und dann in eine wartende U-Bahn gesetzt. Dort sei er von den Polizisten gepackt und - obwohl er keine Gegenwehr geleistet habe - getötet worden. Er habe auch keinen Wintermantel, sondern eine Jacke getragen.
Harriet Wistrich, die Anwältin der Menezes-Familie, erklärte: »Es sieht so aus, dass versucht wurde, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, um zu rechtfertigen, was nur als tragische Katastrophe für die Polizei bezeichnet werden kann.« Scotland Yard lehnte eine Stellungnahme unter Hinweis auf die laufende Untersuchung ab.

Artikel vom 18.08.2005