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Wahlkampfparty im Biergarten

Bundeskanzler Gerhard Schröder geht in der Klosterpforte auf Stimmenjagd

Von Stephan Rechlin (Text)
und Wolfgang Wotke (Fotos)
Kreis Gütersloh (WB). Wenn das Leben ein Biergartenfest ist, mit subventionierter Currywurst und schwungvollem Dixieland-Jazz, dann bleibt Gerhard Schröder Bundeskanzler. Kein Ehrengast passt so gut zu solch einer Party, wie sie gestern im Garten des Hotels Klosterpforte gefeiert wurde, als der heitere Mann aus Berlin.

Organisiert wurde die Fete vom SPD-Bundestagskandidaten Klaus Brandner. »Brandner trifftÉ« heißt seine Veranstaltungsreihe, zu der er mal mehr, mal weniger prominente Leute aus Berlin in den Kreis Gütersloh holt. Diesmal präsentierte er den bisher prominentesten und prompt wäre die Veranstaltung beinahe in eine neue Reihe mit dem Titel »Schröder trifftÉ« verrutscht. Erhalt der Arbeitnehmerrechte, Solidarität, die hohe Bedeutung des Ehrenamtes und des Bürgersinns - in seiner Begrüßung streifte Brandner alle zentralen Wahlkampfthemen der SPD, so dass dem daneben stehenden Schröder eigentlich nicht mehr viel zu sagen blieb: »Du Klaus, im Grunde hast Du alles gesacht. Wir könnten jetzt auch rüber zum Grill und neÕ Currywurst essen«, leitete Schröder seine Ansprache ein, die dann doch noch etwas länger wurde.
AllÕ die Probleme außerhalb des Biergartens, der verschärfte, weltweite Wettbewerb, die zunehmend älter werdende und gleichzeitig schrumpfende Gesellschaft, allÕ diese unerfreulichen Dinge sollten nicht die gute Laune verderben. Von den Starken in der Gesellschaft müsse Leistung gefordert, den Schwachen geholfen und das eingenommene Geld nur etwas anders ausgegeben werden - schon ließen sich die meisten Probleme lösen. Den stärksten Applaus erhielt Schröder für seine Friedensbekundungen. Ihm sei es sehr sympathisch, dass Deutschland dreimal hinschaue, bevor es in einen bewaffneten Konflikt einsteige: »Deutschland als Mittelmacht, die sich für gewaltfreie Lösungen in der Welt einsetzt. Wenn es nach mir geht, wird das so bleiben.«
Die gut 1200 Gäste hingen an den Lippen des Kanzlers. Sie waren gezielt eingeladen worden, als Dank für ihr Engagement in Sozialverbänden, Gewerkschaften und Selbsthilfegruppen. Einmal dem Kanzler die Hand schütteln, ihm auf die Schulter klopfen, vielleicht sogar ein Autogramm ergattern. Zum Entsetzen seiner Sicherheitskräfte kam Gerhard Schröder diesen Wünschen immer wieder spontan nach. Als er vor der Klosterpforte eintraf, bemerkte er einen Pulk, der offensichtlich nicht eingeladen war. Statt den geplanten Weg durch den Nebeneingang zu nehmen, ging Schröder auf die Leute vor dem Tor zu, schüttelte Hände, streichelte Kinder. Drinnen in der Klosterpforte nahm er sich Zeit, die Inhaberfamilie Frie zu begrüßen. Klar, der Eintrag ins Gästebuch. Renate Müterthies vom SPD-Ortsverband überreichte ihm zwei Spielzeug-Mähdrescher der Marke Claas als Geschenk für die Kanzlertöchter. »Die eine ist jetzt vierzehneinhalb. Die haut mir die Dinger um die Ohren. Unsere Kleine ist vier, die wird sich darüber sehr freuen«, sagte der Kanzler, ging hinaus und schüttelte weiter Hände.

Artikel vom 17.08.2005