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Mit dem Mut zur Veränderung

Jürgen Klinsmann und Marco van Basten haben auch als Trainer Parallelen

Rotterdam (dpa). Einst waren sie im ewig brisanten Duell zwischen Deutschland und den Niederlanden die Garanten für Tore, jetzt sorgen sie als Cheftrainer für viel Schwung in ihren Nationalmannschaften.
Beim Länderspiel zwischen dem Oranje-Team und der DFB-Auswahl kreuzen sich am Mittwoch (20.30 Uhr) in Rotterdam wieder die Wege von Jürgen Klinsmann und Marco van Basten. Und wie zu aktiven Zeiten weisen die Karrieren der früheren Weltklasse-Stürmer auch im Traineramt erstaunliche Parallelen auf. »Er hat ähnlich wie ich eine kleine Auszeit genommen und ist Schritt für Schritt dem Trainerbereich näher gekommen«, sagte Klinsmann.
Wie Klinsmann wagt auch van Basten mit Mut zur Veränderung einen Neuanfang. Während Klinsmann beim Deutschen Fußball-Bund nicht vor einschneidenden Maßnahmen zurückschreckt, setzt der Niederländer den Hebel vor allem bei der Mannschaft an. Am 29. Juli 2004 - dem gleichen Tag wie Klinsmann - ins Amt berufen, setzte der 40-Jährige trotz Qualifikationsdruck für die WM 2006 auf einen Umbruch der bei der Europameisterschaft im Halbfinale ausgeschiedenen »Elftal«. Routinierte Akteure wie Clarence Seedorf, Patrick Kluivert und später auch Edgar Davids wurden aussortiert. Jüngst traf der Bannstrahl Mark van Bommel, dem van Basten »Starallüren« vorhielt.
»Wir wollen die Mannschaft verjüngen. Wir brauchen dafür vier Jahre, um die Phase zu vollenden. Die WM 2006 könnte zu früh kommen«, mahnte Bondscoach van Basten. Die Skepsis scheint unbegründet. In elf Spielen ist der wie Klinsmann vor der Berufung ins höchste nationale Traineramt zuvor noch nie mit einem Chefcoach-Posten betraute van Basten ungeschlagen. Die letzten fünf Partien blieb Oranje ohne Gegentor und führt seine Qualifikationsgruppe vor Tschechien an. »Ich freue mich für ihn, aber am Mittwoch kann er eine Auszeit nehmen von seinen Erfolgen«, sagte Klinsmann, der seine zurückkehrenden Routiniers Christian Wörns und Didi Hamann wohl von Beginn an einsetzen wird.
Im Gegensatz zu seinen knorrigen Vorgängern Louis van Gaal und Dick Advocaat kann der smarte van Basten auf die Zuneigung der Fans bauen und - noch wichtiger - auf Unterstützung der niederländischen Fußball-Lichtgestalt Johan Cruyff. Maßgeblich war Hollands Graue Eminenz an der Berufung des zweimaligen Weltfußballers des Jahres (1988/1992) beteiligt. »Es ist eine Ehre, wenn jemand wie Johan sich für uns einsetzt«, bedankte sich van Basten artig auch im Namen seines Assistenten John van't Schip.
Zu aktiven Zeiten war van Basten wie Klinsmann Kosmopolit, sammelte viele seiner Lorbeeren beim AC Mailand in Italien. Eine Knöchelverletzung zwang ihn 1995 nach 58 Länderspielen (24 Tore) zum Karriereende. »Er war zu seiner Zeit der beste Stürmer der Welt. Es ist schade, dass er so früh aufhören musste«, sagte Klinsmann. In Deutschland unvergessen ist das Traumtor im Münchner EM-Finale 1988 gegen die Sowjetunion (2:0), im Halbfinale hatte er das deutsche Aus besiegelt. Zwei Jahre später hatten aber Klinsmann und die DFB-Elf das bessere Ende für sich und schalteten auf dem Weg zum WM-Sieg in Italien im Achtelfinale die Niederlande und van Basten aus.

Artikel vom 16.08.2005