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Sacro-Pop und Himmelsleiter

Der Weltjugendtag hat in Paderborn begonnen - Und Montag nach Köln

Von Reinhard Brockmann
Paderborn (WB). Die »Himmelsleiter« des Jakob ist 25 Meter hoch und tief unter dem Dom zu Paderborn beten Jugendliche aus aller Welt an den »Säulen des Glaubens«. Der erste Teil des Weltjugendtages hat in Paderborn begonnen.

Gut angeseilt hat die zehnjährige Juliane Harling ihre persönliche Jakobsleiter bis zur Hälfte geschafft und strahlt: »Das war voll heftig«. Markus Deiters vom Bund der Katholischen Jugend aus Unna klopft ihr auf die Schulter: »Du hast Mut.« Von 1000 ehrenamtlichen Helfern unterstützt, vom Glauben getragen - die Auftaktfestivals in den deutschen Diözesen zum Weltjugendtag nächste Woche in Köln soll jedem ein eigenes Erleben von Gemeinsamkeit verschaffen.
Auch Jessica (10) und Marcel (8) haben sich etwas getraut. Unter den besorgten Blicken ihrer Eltern sausen sie an einem Drahtseil über die Paderquellen hinweg. Familie Kruppa wollte eigentlich ausländische Gäste bei sich daheim in Menden aufgenommen haben. Etwas enttäuscht, dass nicht ganz so viele kamen wie erwartet, sind sie allein angereist. »Wir kommen auch nach Köln zur Papstmesse!«
An diesem Freitag und Samstag sind Internationale und Heimische in der Bistumsstadt Paderborn beim Festival »ww.together - zusammen weltweit« unterwegs. Zwischen Musikgruppen, Gebetsräumen, Freilufttheater und Essenausgabe zeigt sich das pralle kirchliche Leben. »The fast XVI Rat(z)Singers« heizen ein mit Sacro-Pop, »Amos« lässt christliche Lieder hören und vor dem goldenen Barockaltar der Marktkirche gibt es wattstarke Synthesizer-Inspiration vom Feinsten.
»Offene und fröhliche Gesichter, wohin man schaut.« Erzbischof Hans-Josef Becker steht mitten auf dem kleinen Domplatz wie der leibhaftige Strahlemann. Eben hat er noch einen 82-Jährigen mit Enkel gesprochen, jetzt soll er mit aufs Bild von zwei Mädchen aus Malawi. Andere haben 36 000 Euro gesammelt, um Gäste aus aller Welt in ihre Heimatgemeinden einzuladen, der Erzbischof lobt den »großartigen« Einsatz.
Insgesamt 150Êstille und laute, fromme und weltliche, harte und weiche Angebote spiegeln die Vielfalt des Glaubens. Selbst in der Krypta bei Info-Dame Gabriele Merschmann sind hinter meterdicken Mauern noch die Geräusche von draußen zu vernehmen. Wer hierher kommt, der findet Gelegenheit zum Gebet. Kein Ort zeigt deutlicher, dass die Kirche auf festen Fundamenten baut. Hier ist auch die letzte Ruhestätte der Paderborner Bischöfe. Frische Blumen stehen vor der schlichten Grabplatte des 2002 verstorbenen Johannes Joachim Kardinal Degenhardt.
»Schuhe aus« verkünden Schilder gleich nebenan in der Kaiserpfalz. Im Labyrinth weißer Leinentücher liegt der Ort absoluter Stille. Bettina Rheinbacher aus Dortmund schreibt aufs Gästeboard: »Wie schön, wenn Menschen schweigen können«.
»Volle Kanne Animation« kündigt fast zeitgleich Julia Heckmann mit den Cheer-Leaders der »Lippstadt-Panthers« an. Erst will die CD nicht richtig laufen, da werden schnell ein paar Stunts ohne Musik auf der Bühne abgezogen. Das Publikum geht mit, noch bevor endlich die Bässe wummern und die Post total abgeht.
Schlusspunkt ist am Samstagabend eine Menschenkette, die sich zu Beatles-Klängen um die gesamte Innenstadt Paderborns schließen wird: ein Friedenszeichen, das über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg strahlen soll.

Artikel vom 13.08.2005