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Kunst statt Verbrechen -Ê oder sie sprühen vor Ideen

Fassadenmaler gestalten Haus an der Arndtstraße


Bielefeld (uj). Was machen ein Kunsthistoriker und je ein Student der Musik und der Mediengestaltung in ihrer Freizeit, wenn sie sich seelisch entspannen wollen? Sie bemalen und besprühen Häuserfassaden. Ganz legal, im Auftrag der Hauseigentümerin und kunstvoll dazu.
Das Objekt der Begierde von Aran Jitsukawa-Hudson, Jan Kern und Timo Boedecker befindet sich an der Arndtstraße 13. Der klassizistische, mehrgeschossige Bau mit seinen stuckumrankten Fenstern wurde in den vergangenen Wochen behutsam umgestaltet. Bis zum ersten Obergeschoss reicht die Bemalung im Jugendstil, die die drei Graffiti-Künstler für angemessen hielten. »Uns war daran gelegen, die Bemalung an die Architektur des Hauses anzupassen.«, sagt Aran Jitsukawa-Hudson mit Hinweis auf Oranamente und bewusst gesetzte Jugendstil-Motive wie die Frauengestalt und den japanischen Baum an den Eckpunkten des Hauses.
Die filigranen Motive -Êdarunter auch das Räderwerk einer Uhr als Reminiszenz auf das nebengelegene Uhrengeschäft »Zeitzeugen« -Êerforderten neben dem Einsatz der Spraydose auch die Zuhilfenahme von Pinsel und Klebeband. So entstand eine Mischtechnik aus Graffiti und Malerei.
Tiefes Grün erhebt sich aus dem Boden und rankt in floralen Motiven nach oben. Handwerklich perfekt gelungen ist der Verlauf von Dunkelgrün hin zu Hellgrün, das schließlich in ein Aprikot, den Grundton der Hausfassade, übergeht. Ornamente, die den Stuck der Fenster wieder aufgreifen setzen Akzenten. Spannung bezieht die Bemalung aus dem Kontrast von Hell/Dunkel und Fläche/Linie.
Mehr als zwei Monate haben die Freunde an dem Werk in jeder Minute ihrer Freizeit gearbeitet. Künstlerisch vorbelastet, zählen sie sich dennoch zum Kreis der Autodidakten.
Neben Spaß an der Freud geht es dem Trio auch um einen erzieherischen Effekt. »Wir wollen zeigen, dass man mit Graffiti mehr machen kann als Häuser und Wände zu verunstalten«, betont Jan Kern, der wie seine Mitstreiter hofft, die Sprayer-Szene mit dem »Referenzobjekt« Arndtstraße positiv beeinflussen zu können. »Sie sollen sich ein Beispiel nehmen und Lust darauf kriegen, auf legalem Wege ihre Passion auszuleben«, sagt Jitsukawa-Hudson.
Versuche, die Szene aus der kriminellen Zone zu führen, sind den Fassadenmalern nicht fremd. Vor geraumer Zeit leiteten sie den »Runden Tisch«, eine Projektgruppe des Falkendoms. Sprayern wurde dabei ein Forum geboten, sich legal an ausgewiesenen Wänden zu betätigen.

Artikel vom 13.08.2005