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Ästhetik des Ausgedienten

Objekte und Fotografien von Monika Vesting in der Produzentengalerie

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Bereits der Blick durchs Schaufenster lässt den Betrachter schmunzeln. Wer hätte gedacht, dass ausrangierte, in Reih und Glied aufgestellte Teppichklopfer eine solch poetisch-ästhetische Wirkung entfalten könnten! Typisch für Monika Vesting, deren Spezialität es ist, Fundstücke aus ihrem gewohnten Umfeld zu nehmen und sie durch kompositorische Arrangements in neue Sinnzusammenhänge zu heben.

In der Produzentengalerie zeigt die Künstlerin derzeit neben fotografischen Arbeiten Beispiele sinnlicher Kombinatorik. Hölzerne Hutformen, wie sie das Hutmacherhandwerk verwendete, zeugen »Vom Dasein der Dinge« (Ausstellungstitel) und tragen zugleich das Vergehen in sich. Denn zumeist sind es die stillen Zeugnisse aussterbender Handwerks- und Industriezweige, die Monika Vesting auf Märkten und bei Haushaltsauflösungen findet und mit nach Hause trägt. So wie die Garnspulen aus einem Spinnereibetrieb, die Vesting kompakt und hochkant zu kubenförmiger Skulptur zusammenfügt und mit dem Titel »Wirtschaftswunder« versieht. »Der Prozess der Transformation interessiert mich«, sagt die aus Blomberg stammende Künstlerin.
Schönheit in Form und Material stets vorausgesetzt, wirken die Objekte erst durch das Prinzip der Reihung, Bündelung und Isolierung aus ihrem ursprünglichen Sinnzusammenhang. Dann entfalten sie eine ungeahnt poetische Wirkung mit durchaus humorvoller oder auch kritischer Konnotation. So wie »Die Blumen des Bösen«, wie Monika Vesting ihre Wiese aus Teppichklopfern genannt hat. Sie selbst siedelt ihr Schaffen im Grenzbereich von Kunst und Dekoration an. »Schönheit und Humor sollen immer mitschwingen. Kritisches kommt bei mir erst an zweiter Stelle«, sagt die 48-Jährige.
Schönheit spielt auch eine Rolle bei den Fotoarbeiten der Künstlerin. Durch den von ihr gewählten Blickwinkel lehrt Monika Vesting den Betrachter, die Ästhetik im Detail zu sehen und zu erkennen. Generell sind es die strukturierten Flächen und Muster, die die Künstlerin ins Visier ihrer Fotokunst nimmt und seriell ablichtet. Dabei fokussiert sie stets einen kleinen Ausschnitt vom Ganzen, um ihn später wieder zu vergrößern. Zum Teil wählt sie dabei auch monumentale Ausmaße von 1 mal 1,50 Metern. Durch den Druck auf Leinwand erhalten diese Werke zusätzlich einen malerischen Duktus.
Fischernetze in einem kleinen Fischerhafen in Spanien waren es in diesem Frühjahr, die die Aufmerksamkeit der Fotografin auf sich zogen. Die Aufnahmen entstanden mit einer analogen Spiegelreflexkamera (ohne Makroobjektiv) und sind trotz vielfacher Vergrößerung erstaunlich detailscharf und feinkörnig.
Monika Vesting studierte Modedesign an der Fachhochschule Bielefeld und ist heute im Interieurbereich tätig. Seit drei Jahren betreibt sie den ebenfalls in der Rohrteichstraße gelegenen »Livingroom« für Antikes und Dekoratives.
Ihre Ausstellung in der Produzentengalerie, Rohrteichstraße 36, läuft bis zum 13. September. Sie kann dienstags von 16.30 bis 18.30 Uhr, samstags von 12 bis 14 Uhr sowie nach telefonischer Absprache unter 0171/165 73 44 besichtigt werden.

Artikel vom 15.08.2005