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Vom Wecken bis Wehwehchen

Karin Oberschelp hatte bei Japan-Reise des Kinderchores alles im Griff

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Ohne Karin Oberschelp geht es nicht: Die Frau von Dr. Jürgen Oberschelp, dem Leiter des Bielefelder Kinderchores, und laut Visitenkarte, eigens für die Japan-Tournee gedruckt, auch Managerin des Chores, kümmert sich einfach um alles.

Morgens werden die Jugendlichen allesamt geweckt, damit niemand verschläft (was nicht immer hundertprozentig gelingt), in ihrer Reiseapotheke hat sie Mittelchen gegen alle Wehwehchen von Bauchschmerzen bis Übelkeit, sie sorgt dafür, dass die Sänger genug trinken und dass vor Chorauftritten Kniestrümpfe und Faltenrock oder Hose, Polohemd und Notenheft im Rucksack sind. Wenn eines der Kleidungsstücke fehlt, dann wird improvisiert - aus Karin Oberschelps schier unerschöpflichem Vorrat. Die Jugendlichen wissen: »Mindestens zehn Mal am Tag sucht Frau Oberschelp ihren Mann - und umgekehrt.« Während Jürgen Oberschelp schon vor mehr als 30 Jahren mit dem Kinderchor in Japan war - damals in Osaka bei der Weltausstellung - war es für Karin Oberschelp die Premiere.
Für die liebevolle Betreuung bedankte sich Pianistin Miyake Kodama auf ihre Weise: Als ihre Eltern Tatsuya und Kimiko Kodama aus Hiroshima zum Konzert im eineinhalb Stunden entfernten Niimi kamen, hatten sie Taschen voller Geschenke für die Oberschelps mitgebracht, darunter zwei Kimonos für Karin Oberschelp. Miyake Kodama: »Die stammen noch von meiner Großmutter. Sie war ungefähr so groß wie Frau Oberschelp.«
Das wohl umfangreichste Gepäck hatte Gesa Neuert von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft mit nach Japan gebracht: Koffer voller Gastgeschenke von der WDR-Maus, dem Symboltier des Deutschlandjahres in Japan, bis zu Kugelschreibern und Klebestiften. Sie freute sich, wenn ihre Koffer leichter wurden - zunächst. Denn kaum hatte sie etwas verschenkt, gab es sofort ein Gegengeschenk: Fächer, CDs, Lampions. Pech hatte Gesa Neuert auch: Beim Nebutha-Fest in Aomori verlor sie ihre Brille. Die Sehhilfe geriet unter einen der Festwagen und wurde regelrecht zermalmt. Gesa Neuert musste sich mit einer Sonnenbrille behelfen.
Einige der Jugendlichen bekamen von ihren Gastfamilien komplette Kimonos samt Obi und Schuhen. Beim Enka-Fest in der Nähe von Niimi, bei dem unter anderem die in Japan berühmte Sängerin Mahoka Juli auftrat, verbuchten die Bielefelder Kimono-Mädchen einen besonderen Erfolg: Katharina Kuckshaus, die das Max-Planck-Gymnasium besucht, wurde zur »Miss Kimono« gewählt und dafür mit 20 Kilo Reis beschenkt. Katharina Kuckshaus: »Den Reis habe ich meiner Gastfamilie geschenkt!« Teilgenommen hatten auch Luise Günther, Annalena Schröder und Miriam Goldstein. Dr. Jürgen Oberschelp, in Japan nur »Obi-san« genannt, ließ sich von seiner Frau mit der attraktiven Mahoka Juli fotografieren: »Das Bild kommt ins Chorhaus - zur Erinnerung!« Auf der Weltausstellung EXPO konnten Oberschelps nicht widerstehen und beide kauften sich für 100 Yen das Stück asiatische Reisstrohhüte. Die Folge: Beide waren nicht zu übersehen und avancierten zum begehrten Fotomotiv - für Japaner. Tim Heidland, der in Japan seinen 13. Geburtstag feiern konnte, freute sich schon Tage vor der Rückreise auf sein Lieblingsgericht: Nudelauflauf. Und der blonde Johannes Zinn (13) war froh, dass er nicht mehr von japanischen Mädchen mit spitzen Schreien und Gekreisch begrüßt wurde. Insgesamt waren sich aber alle einig: »Es war toll!«

Artikel vom 15.08.2005