12.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Knoten der Buchhalter

Forscher entschlüsseln Geheimnis der Inka-Khipus

Lima (dpa). Die Inkas haben ihre Steuererklärung per Knotenschrift festgehalten. Die geheimnisvollen Khipus, die Knotenschnüre der Inkas, dienten unter anderem zur staatlichen Buchhaltung.
21 Khipus wie diese wurden bei Ausgrabungen in Puruchuco bei Lima entdeckt. Foto: dpa

Davon gehen die US-Wissenschaftler Gary Urton und Carrie Brezine aus. Mit Hilfe der vorhangähnlichen Gebilde seien die Steueraufkommen an die oberen Behörden gemeldet worden, schreiben die Wissenschaftler von der Harvard University in Cambridge.
An einem Hauptfaden sind bei den Khipus dutzende von Nebenfäden angeknüpft, die verschiedenartige Knoten haben. Je nach vertikaler und horizontaler Position, der Fadenfarbe und -länge und dem Knotentyp besitzen diese Knoten unterschiedliche Bedeutungen. Die meisten Khipus wurden durch die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert zerstört.
Obwohl die Inkas das größte präkolumbische Reich der Neuen Welt aufgebaut hatten, besaßen sie keine voll entwickelte Schriftsprache. Die Inkas benutzten das Dezimalsystem. Sie kannten wahrscheinlich auch die Null, die erste Stelle am Faden blieb ohne Knoten. Bis heute sind weltweit etwa 800 Khipus bekannt. Davon entfallen allein 289 Stück auf das Ethnologische Museum Berlin, das somit die größte Sammlung ihrer Art besitzt. Sie stammen fast alle aus dem 15. und 16. Jahrhundert.
Urton und Brezine unterzogen 21 Khipus, die in dem Inka- Verwaltungszentrum in Puruchuco bei Lima ausgegraben worden waren, einer Computeranalyse. Sieben der Knotengebilde konnten demnach als Register für Abgaben identifiziert werden.
Sie geben Aufschluss über die Art und Weise, in der die Abgabenleistungen gemessen und an die Inka-Verwaltung weitergeleitet wurden. Die Abgaben bestanden vor allem in Arbeitstagen pro Jahr, die jeder auf staatlichen Feldern oder Baustellen zu verrichten hatte.
Die Wissenschaftler konnten anhand der Khipus mindestens drei unterschiedliche Verwaltungsebenen identifizieren. Dabei sei es gelungen, Angaben eines Khipus der untersten lokalen Ebene als Teilmenge auf einem Khipu der nächst höheren Ebene wiederzufinden. Allerdings sind nach wie vor viele Fragen offen. So sei unklar, wie die Verfasser und Leser der Khipus die Art der registrierten Gegenstände oder Leistungen - etwa Arbeitsstunden, Vieh oder Produkte - festhielten.

Artikel vom 12.08.2005