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Der Winzling unter den Kleinen: Die Zwergfledermaus wird kaum fünf Zentimeter lang.

Zum Kuscheln für unsere Fledermäuse

Biologische Exkursion finanziert acht neue Schlupfkästen in den »Rieselfeldern Windel«

Von Markus Poch
Senne (WB). Fledermäuse kuscheln gern, doch geeignete Baumhöhlen, Gebäudenischen oder Dachböden werden immer seltener. Deshalb sind alle sechs in Senne beheimateten Arten vom Aussterben bedroht und streng geschützt. Einen kleinen Beitrag zum Erhalt dieser bemerkenswerten Tiere leistet jetzt die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld. Auf deren Gelände im Naturreservat »Rieselfelder Windel« hängen seit gestern acht neue Fledermauskästen.

Es sind einfache, etwa schuhkartongroße Behausungen aus rauem Holzbeton - einmal in Spaltenform, einmal im Stil eines Brutkastens für Vögel, nur mit röhrenähnlichem Einstiegstrichter, der interessierte Vogelarten abhält. Die Behälter hängen allesamt idyllisch in »Spechtlochhöhe« auf vier bis fünf Metern in den alten Eichen rund um die Station. Hier sollen Teich-, Zwerg-, Fransen-, Wasser- und Breitflügelfledermaus sowie der Große Abendsegler unterschlüpfen und sich vermehren können. Die kleinen Säuger, einige Arten erreichen kaum 20 Zentimeter Spannweite, bauen darin aber keine Nester, sondern leben in so genannten Wochenstuben, die nur aus Weibchen und Jungtieren bestehen. »Es sind schon Kästen dieser Bauart gefunden worden, in denen es sich bis zu 30 Tiere gemütlich gemacht hatten«, erklärt Thomas Bierbaum vom Arbeitskreis Fledermausschutz OWL. »Sie krallen sich in der groben Oberfläche fest und hängen einfach dicht an dicht von der Decke runter.«
Bierbaum ist in der gesamten Region als Fledermausexperte bekannt. Er will die Lobby der nachaktiven Flugkünstler nachhaltig stärken, denn »sie haben noch immer etwas Mystisches an sich. Früher wurde doch alles verteufelt, was sich geheimnisvoll im Dunkeln abspielte. Und bis heute glauben viele Leute den Dracula-Filmen, in denen Fledermäuse über Menschen herfallen, um aus den Halsschlagadern Blut zu saugen«, erzählt der 44-Jährige. » Das ist alles Quatsch. In Wirklichkeit sind es harmlose Insektenfresser.« Faszinierend und erst seit wenigen Jahrzehnten bekannt ist vor allem ihr Orientierungssystem. Da sie weder besonders gut sehen noch riechen können, haben sie die Gabe, sich über die Aussendung von Ultraschallwellen ein »Hörbild« von ihrer Umgebung machen zu können. Das versetzt sie in die Lage, auch bei größter Finsternis Beutetiere, Artgenossen oder Hindernisse verlässlich zu orten.
Nicht zuletzt dieses Phänomen hat den Fledermäusen allerorts kleine Fangemeinden beschert, eine davon offensichtlich auch im Bielefelder Süden. Denn mehr als 100 Interessenten waren im Juni 2005 zu einer Fledermaus-Exkursion in die Rieselfelder gekommen. Mit dem Teilnehmer-Obolus wurden nun die neuen Schlupfkästen finanziert. Die nächste Wanderung zu den Kuschelplätzen der heimischen Fledermausarten will die Biologische Station im Frühsommer 2006 anbieten. Wer bis dahin Fragen zu diesen Tieren hat oder verletzte/kranke Exemplare findet, kann sich telefonisch melden beim Arbeitskreis Fledermausschutz OWL (Reiner Sander oder Thomas Bierbaum) unter 05206 - 92 00 94. Die größten Feinde der Fledermaus sind übrigens Hauskatzen, der Straßenverkehr, Greifvögel und Windkrafträder.

Artikel vom 12.08.2005