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Bronze-Tommi
rettet die WM

Punktlandung in der Sandgrube

Helsinki (dpa). Mit einem einzigen Satz hat Tommi Evilä den schweigsamen Finnen die WM gerettet.

Dem Weitspringer aus Tampere glückte am Samstagabend eine Punktlandung in der Sandgrube: 8,25 Meter - die 35 000 Zuschauer im Olympiastadion von Helsinki tobten. Pronssia Suomelle - Bronze für Finnland! Endlich. Schließlich hatte Evilä für die erste Medaille der Gastgeber bei den 10. Leichtathletik-Weltmeisterschaften gesorgt. Vor zwei Jahren in Paris waren die Finnen leer ausgegangen, den letzten Podestplatz konnte Suomi 2001 bei der WM in Edmonton bejubeln.
»Nun ist es vollbracht, und ich kann stolz sein auf Bronze«, meinte der 25-Jährige nach dem Drama in sechs Akten, bei dem er sich mit seiner Hauptrolle zunächst sehr schwer tat. Nach zwei ungültigen Versuchen drohte dem baumlangen Burschen sogar das Aus. Doch der finnische Meister riss sich zusammen und ging vorsichtshalber auf Nummer sicher: 7,8 Zentimeter vor dem Balken hob er ab - und landete trotzdem bei 8,16 Meter. »Das war knapp«, stöhnte Evilä, »aber die guten Jungs bekommen manchmal eine Extra-Portion Glück.«
Nach den 8,25 m im fünften Versuch glänzte die Medaille schon, 10 Minuten später hatte er sie gewonnen - und endlich seinen Spitznamen verloren. »Nästan« wurde Evilä von seinen Kumpels seit Jahren nur noch gerufen, das schwedische Wort heißt auf deutsch »fast«. Da gab es Erklärungsbedarf. »Ich bin so oft auf dem vierten Platz gelandet, deshalb haben sie mir diesen Namen verpasst«, sagte Evilä, der zuletzt im März bei der Hallen-EM in Madrid Vierter geworden war.
In Helsinki entschied ein Zentimeter über Bronze und Blech: Evilä konterte die 8,24 m des Spaniers Joan Lino Martinez prompt, die kühlen Finnen riss es von den Sitzen, wie ein Orkan raste die Jubelwelle durchs Stadion. Und nicht nur Vater Juhani, der seinen Sohn seit zehn Jahren trainiert, standen in der finnischen Nacht die Tränen in den Augen. »Danke an meine Fans - das ist ihre Medaille«, meinte der gefeierte WM-Held, während die Jahresweltbestleistung (8,60 m) von Sieger Dwight Phillips (USA) fast im Jubel unterging.
Wäre Evilä nicht schon als junger Bursche so schnell gelaufen, hätte Finnland heute eine WM-Medaille weniger. »Bis 17 habe ich Fußball gespielt, auf jeder Position. Aber weil ich so flink war, wurde ich so oft gefoult. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf Fußball«, sagte der 1,94-m-Mann mit der poppigen Irokesenfrisur. Evilä wurde Leichtathlet. Der Ab-Sprung hat sich gelohnt.

Artikel vom 15.08.2005