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Ein Lustspiel in zehn Akten

Busemann und Schenk loben WM-Vierten Niklaus

Helsinki (dpa). Das größte Lob für André Niklaus kam vom Olympiasieger. »Willkommen in der Weltklasse des Zehnkampfs«, sagte Christian Schenk.

»André hat sich in jedem Jahr gesteigert und die 8500 Punkte drauf. Damit kannst du bei jedem internationalen Wettkampf eine Medaille machen.« Niklaus hat sich den Respekt redlich verdient. Mit sechs persönlichen Bestleistungen schockte der 23-jährige Berliner die Konkurrenz, mit 8316 Punkten fand er sich schließlich auf Platz vier wieder. 69 Punkte fehlten zur Bronzemedaille. Eine Sensation? »Ein Superergebnis«, meinte Niklaus, »der Anspruch wird wachsen, die Erwartungen werden größer.«
»Das war ein Lustspiel in zehn Akten«, schwärmte Jürgen Mallow, der Leitende Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Der neue Weltmeister Bryan Clay (USA) gehörte zu den ersten Gratulanten: »André ist ein Supertyp.« Ex-Champion Tomas Dvorak (Tschechien) fiel dem Deutschen in die Arme. Und auch ARD-Experte Frank Busemann staunte nicht schlecht. »Sensationell, bei so einem Wetter eine Bestleistung aufzustellen«, erklärte der Olympia-Zweite von 1996.
Wie Schenk, der Olympiasieger von 1988, und Busemann, Deutschlands bislang letzter Zehnkampf-Held, sieht auch Trainer Rainer Pottel nach fünf gemeinsamen Jahren mit Niklaus noch Reserven. »8500 Punkte sind möglich«, meinte der Ex-Zehnkämpfer, der seine persönliche Bestleistung schon vor 24 Jahren schaffte. »8334 Punkte, das war damals Jahresweltbestleistung«, meinte Pottel, der seinem Musterschüler damit nur noch 18 Zähler voraus ist. Knapp drei Sekunden hätte Niklaus im abschließenden 1500-m-Lauf schneller rennen müssen, dann hätte er seinen Coach in der Bestenliste überholt.
»Mein Trainer hat den größten Anteil an diesem Erfolg«, sagte der Zehnkämpfer von der LG Nike Berlin, »er hat die Fäden in der Hand.« Pottel wird seinem Schützling wohl noch in Helsinki ein Abendessen spendieren, dazu gehört eine Havanna - ein langjähriges Ritual der Sport- und Schicksalsgemeinschaft Niklaus/Pottel. Der Coach flog mit seinen Gedanken schon mal auf und davon. »Jetzt kommen die besten Jahre für André, bei der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin wäre er 27 - ideal für einen Zehnkämpfer«, meinte der 51-Jährige.
An ein mögliches WM-Heimspiel in vier Jahren mag Niklaus noch nicht denken, doch das Stichwort »Berlin« hat der junge Mann schon auf dem Zettel: Am 4. September will er beim ISTAF seinen »Hausrekord« im Stabhochsprung knacken. 5,40 Meter hat Niklaus in der Halle schon geschafft, in Helsinki meisterte als einziger Athlet die 5,30 m. Da konnten selbst der neue Weltmeister Clay und der geschlagene Roman Sebrle nicht mithalten, die sich einig waren: »Das war unser härtester Zehnkampf.«

Artikel vom 12.08.2005