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»Zum Nulltarif gibt es uns nicht«

FDP-Vize Brüderle: Bürger müssen unter dem Strich entlastet werden

Von Dirk Schröder
Bielefeld (WB). »Die Steuern runter, die Bürokratie abbauen und eine flexiblere Gestaltung des Arbeitsmarktes.« Dies sind die drei Kernpunkte, die die FDP in einer schwarz-gelben Regierung durchsetzen will.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle erklärte gestern bei einem Besuch dieser Zeitung, er wolle mit der Union keine öffentliche Auseinandersetzung über eine höhere Mehrwertsteuer führen, wohl aber darum, dass der Bürger unter dem Strich entlastet werden müsse. »Ich streite nicht darüber, ob die steuerliche Balance nicht auch verändert werden kann.«
Bei einer höheren Mehrwertsteuer sieht der FDP-Vize mehrere Probleme. Zum einen werde dadurch die Schwarzarbeit gefördert, zum anderen sei er sich sicher, dass auch die CDU-Ministerpräsidenten auf ihrem 50-Prozent-Anteil an einer Mehrwert-steuer-Erhöhung bestehen würden. Für die Entlastung der Arbeitslosenversicherung bliebe nur wenig über. Nicht zu unterschätzen sei schließlich der psychologische Effekt: »Wir steigen mit einer Steuererhöhung ein.«
Brüderle unterstrich, ein Haushalt ließe sich auch durch Anpassung anderer Ausgaben sanieren. Der offizielle Subventionsbericht weist Ausgaben von 60 Milliarden Euro aus, Experten sehen die Subventionen sogar mehr als doppelt so hoch. Brüderle: »Ich würde 20 Prozent querbeet hier sofort streichen.« Im übrigen komme es darauf an, den privaten Konsum wieder zu beleben. Geld sei genug da, es fehle nur an der Zuversicht. »Arbeitsplätze entstehen durch Nachfrage, und die müssen wir in Gang setzen«, gab er die Marschrichtung einer schwarz-gelben Regierung vor. Dass die Deutschen nach wie vor leistungsfähig seien, zeige doch der Export.
Der FDP-Vize beklagt das Fehlen einer inneren Haltung der Deutschen zu ihrem Land. Auch andere Nationen hätten Probleme, die sie aber besser bewältigten, weil die Bindung zu ihrem Land besser sei. Brüderle: »Wir brauchen ein wenig mehr Patriotismus.«
Für Brüderle ist es wichtig, in der noch verbliebenden Wahlkampfzeit die Gefahr einer linken Volksfront deutlich zu machen. »Wenn SPD, Grüne und die neue Linke eine Mehrheitschance haben, nehmen sie die auch wahr.« Inhaltlich müsse man sich zudem mit dem »ökonomischen Unfug« auseinandersetzen, den Oskar Lafontaine mit einem Biedermann-Gesicht verbreite.
Die vom Bundeskanzler auf den Weg gebrachte Neuwahl nannte er eine Kapitulationserklärung. »Wie immer die Wahl ausgeht, aus Gerhard Schröder wird nichts mehr.«
FDP-Vize Brüderle unterstrich noch einmal den Willen zu einer Koalition mit der Union, betonte aber auch: »Zum Nulltarif bekommen die uns nicht.«

Artikel vom 12.08.2005