13.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Verbrecher in Nadelstreifen

Günter Ogger schrieb einen Krimi -ÊEinblicke in die Spekulantenszene

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Seine Fachbücher über die »Nieten in Nadelstreifen« und »Der Börsenschwindel« lasen sich wie Krimis. Jetzt schrieb Günter Ogger einen Kriminalroman, um das Funktionieren des Devisenhandels besser zu erklären.
Günter Ogger ist Sach- und nun auch Krimiautor.

Herausgekommen ist diesmal nicht etwa ein Fachbuch, sondern wieder ein Krimi - brutaler nur mit türkischen Folterknechten, elektromagnetischen Waffen und vielen Leichen. Ein bisschen Liebe und große Leidenschaft finden sich ebenfalls zwischen den Zeilen. Das Benzin aber, das den Motor dieses Krimis mehr als 400 Seiten auf Hochtouren hält, ist die Gier nach Geld.
Im Mittelpunkt des sehr flott geschriebenen und spannenden Romans steht der Verlegersohn Peter Kuhn. Er glaubt, dass sein Vater ermordet wurde - und zwar vom früheren Geliebten seiner Mutter. Dieter Testorp, so heißt der Mann, ist einer der großen Spieler im internationalen Devisenhandel. Für ihn zumindest gibt es ein reales Vorbild, an das Ogger, wie er selbst einräumt,     »aber nicht herangekommen ist«.
Ähnlich wie vor Jahren die Frankfurter Metallgesellschaft steht das Verlagshaus Kunze schon vor dem Tod des Eigners aufgrund fehlgelaufener Spekulationen am Rande des Ruins. Glaubt man Ogger, dem Roman und den eigenen Vorurteilen, so sind die neuen Finanzinstrumente wie beispielsweise die Hedge-Fonds, ursprünglich geschaffen, um Handelsgeschäfte gegen Risiken abzusichern, in Wahrheit nur Spielmaterial in den Händen von gerissenen und skrupellosen Zockern. Staatliche Stellen, von den Zentralbanken bis zu den Geheimdiensten, sind entweder nichts ahnend oder korrupt. Auch Peter Kuhns Motiv ist nicht ganz lauter, sondern im Krimi von dem Wunsch nach Rache getrieben. Dabei gefährdet er nicht nur sich, sondern zusehends auch seine afghanische Freundin Sheila.
Fast ist es zuviel »Action«, die Ogger hier hochspannend zwischen zwei Buchdeckel platziert. Sogar die Bundesbank wird eingespannt. Die Zitate dort sind frei erfunden, doch hat es auch in Wirklichkeit Kontakte zwischen »Testorp« und den obersten Währungshütern gegeben. Das jedenfalls behauptete der Autor nach Erscheinen des Buchs in einem Interview.
Die neuen Finanzinstrumente reizten übrigens nicht nur Ogger zum Krimischreiben. In England kam vor kurzem der neue Thriller von Michael Ridpath, Autor von »Der Spekulant«, in den Buchhandel. Für Januar 2006 hat der Verlag Hoffmann & Campe die deutsche Übersetzung von »On the Edge« (Auf der Kippe) angekündigt. Der Titel -Ê»Abgrund« - ist fast identisch mit dem von Oggers Buch. Angeblich, nach Angaben beider Seiten, ein reiner Zufall.
Günter Ogger: Der Absturz, C. Bertelsmann-Verlag, 19,90 Euro.

Artikel vom 13.08.2005