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Pumps-Angriff nach
Attacken des Nachbarn

Rosaroter Schuh sorgt vor Amtsgericht für Heiterkeit

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Mit einem Pumps-Angriff hat eine Frau aus Jöllenbeck einen Widersacher attackiert. Amtsrichter Eckhard Krämer zeigte am Donnerstag großes Verständnis für die Wut der Frau, sie war schwer beleidigt worden. Er stellte das Verfahren gegen die 34-Jährige gegen Zahlung von 350 Euro Geldbuße ein.

Die Königlich-Bayerische-Amtsgerichts-Posse spielte an der Knobelsdorffstraße in Jöllenbeck. Schon seit Jahren sei ihre Familie Zielscheibe der verbalen Angriffe von Nachbar Edmund W. (alle Namen geändert), meinte Sunni F. gestern vor dem Amtsgericht. Bei jeder denkbaren Begegnung rufe er ihnen ausländerfeindliche Bemerkungen zu, wobei die Bezeichnung »Sch . . .-Türken« noch eine der harmloseren sei.
Diese Aussage von Sunni F. wurde durch weitere Anwohner der Straße, die die muntere Verhandlung als Zuhörer verfolgten, lebhaft bestätigt. Jawohl: Sofern Nachbar Edmund W. zu tief in die Flasche geschaut habe, was nicht selten und auch schon früh am Tag vorkomme, wenn er zudem von einem begeisterten Trinkkumpel angefeuert werde, laufe er zur Höchstform auf.
Am 24. März kam es zu einem automobilen Rencontre der verfeindeten Familien. Da nicht genug Platz für beide Fahrzeuge war, warf Edmund W. der Nachbarin erneut schwere Beleidigungen an den Kopf. Zunächst stieg Gatte Halil F. aus und landete beim Gegner durch die geöffnete Fahrertür einen Schwinger im Gesicht. Dann griff die resolute Frau ein: Sie zog sich einen Pumps vom Fuß und ließ den Absatz krachend auf den Schädel des Nachbarn sausen. Die Zuhörer verständnisvoll: »War doch nur ein Reflex.« Im Amtsgericht präsentierte die Türkin den rosaroten und mit Pailletten verzierten Schuh und mußte sich vom gut aufgelegten Amtsrichter Eckhard Krämer aufziehen lassen: »Was ist schlimmer, der Absatz oder die Farbe?« - Zeuge Edmund W. bestritt vehement, jemals Beleidigungen ausgestoßen zu haben. Er sei ein Unschuldslamm, habe schlimmste Verletzungen erlitten: Er könne kaum laufen, der Arm tue weh und vom Pumps-Angriff habe er »eine Prellung im Kopf«. Krämer zog danach seine Glaubwürdigkeit erheblich in Zweifel und ermahnte Sunni F, künftig jede Beleidigung anzuzeigen: »Kein Schuhangriff mehr!«. Das Strafverfahren gegen Ehemann Halil wurde ohne Auflagen eingestellt, das Verfahren wegen Körperverletzung gegen Sunni F. endete schiedlich mit einer Einstellung und 350 Euro Geldbuße.

Artikel vom 12.08.2005