12.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Das Theater nie aus dem Blickfeld verloren

Heiner Bruns feiert heute seinen 70. Geburtstag


Von Uta Jostwerner
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Pressebesuch kurz vorm 70. Geburtstag? Für Heiner Bruns kein Problem. Schon eine Stunde nach der Anfrage klickt die Kamera im gediegenen Ambiente. Gelassen und freundlich lässt Bielefelds ehemaliger Theaterintendant (1975 bis 1998) das Blitzlichtgewitter über sich ergehen. Nach 23 Jahren Intendanz bringt den Vater des so genannten Bielefelder Opernwunders so schnell nichts aus der Ruhe.
Der Stress, den die Leitung eines Drei-Sparten-Hauses naturgemäß mit sich bringt, ist von dem Jubilar abgefallen. Das Theater an sich hat Heiner Bruns dennoch nie aus dem Blickfeld verloren, auch wenn er sich in Bielefeld in den vergangenen Jahren ein wenig rar gemacht hat (»Ich wollte mich nicht in den Vordergrund drängen.«).
Hinter den Kulissen nimmt der gebürtige Düsseldorfer vielerlei Ämter und Aufgaben wahr: Als Berater des Deutschen Bühnenausschusses und des Landesverbandes Mitte des Deutschen Bühnenvereins, als Beisitzer beim Bühnen-Oberschiedsgericht, als Verwaltungsrat der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen sowie als Mitglied diverser Intendantenfindungskommissionen. Einmal mit dem Theatervirus infiziert, gehen Beruf und Berufung Hand in Hand. »Es ist mir eine Freude, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte«, sagt Bruns und lächelt entspannt.
Freilich, der Druck sei weggefallen, seit er vor sieben Jahren in den Ruhestand ging. Was er indes vermisse, sei der ständige Kontakt mit sämtlichen Generationen. »Die Arbeit als Intendant ermöglichte mir, auf zwanglose Art die Wünsche und Standpunkte der Jüngeren kennenzulernen. Das ist jetzt nicht mehr so einfach. Denn gehen Sie mal heute einfach so auf einen jungen Menschen zu und sagen, sie wollen sich mit ihm unterhalten«, offeriert Bruns ein Szenario und schickt noch schmunzelnd eine uncharmante Reaktion hinterher.
Die weitläufige Theaterlandschaft hat Heiner Bruns gleichwohl nie aus den Augen verloren. Was er, dem es stets um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Stoff ging, beklagt, ist »der Trend zur Selbstverwirklichung mancher Regisseure.« Ästhetik dominiere über Inhalt und pausenlose Provokation berge die Gefahr eines Backflash' (Zündungsrückschlags), so Bruns, der selbst zuletzt 2002 in Leipzig in dem Stück »Ich Marlene« mit Petra Constanza Regie führte.
Was er sich zum 70. wünscht? »Gesundheit« nennt Bruns zu allererst. »Und dass es uns nicht schlechter gehen wird«, fügt er an um sodann die Befürchtung zu äußern, dass der Karren wohl erst vor die Wand gefahren werden müsse . . . .
Schließlich noch der Wunsch, dass das Theater bestehen bleibt: »Als Ort der Kommunikation, an dem Gemeinschaftsgefühle entstehen können, und als Förderer der musischen Bildung. Denn ohne Bildung verlieren wir unsere kulturellen Wurzeln und damit auch einen Teil unserer selbst«, merkt das Geburtstagskind an und lächelt schon wieder.

Artikel vom 12.08.2005