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Schon optimal - die Punktzahl

Schalke feiert Torjäger Kevin Kuranyi und den Derby-Sieg gegen Dortmund

Von Klaus Lükewille
Dortmund (WB). Ailton? Wer ist das? War der überhaupt mal ein Schalker? Die Fans der »Königsblauen« haben den alten Torjäger schon längst vergessen, sie feiern ganz begeistert ihren neuen Scharfschützen. Kevin Kuranyi entschied mit seinen Treffern das 126. Derby.

2:1 gegen Borussia. In Dortmund. Für jeden Schalker der schönste Sieg des Jahres. Seit 1998 haben sie nun schon im Westfalen-Stadion nicht mehr verloren. Und Kuranyi durfte erstmals diese Derby-Atmosphäre erleben: »Die Fans sind wirklich einmalig. Die haben uns bereits eine Stunde vorher gefeiert.« Und nachher sowieso. Hier stand der 7-Millionen-Euro-Einkauf, der vom VfB Stuttgart kam, im Mittelpunkt der Ovationen. Kuranyi hat sich gegen Dortmund in die Schalker Herzen geschossen. Volltreffer.
Und beste Eigenwerbung im Blick auf die Weltmeisterschaft 2006. Denn Bundestrainer Jürgen Klinsmann spionierte bei der Partie in Dortmund, die zwei Tore von Kuranyi hat er erfreut registriert.
»Es ist schön, dass ich zu dem wichtigen Sieg beitragen konnte«, schlug der Nationalspieler später leise Töne an. Zwei Tore, prima. Aber in Bestform kickt Kuranyi noch nicht, da ist er selbstkritisch: »Ich hatte wegen des Confed-Cups eine kürzere Vorbereitungszeit. Ich bin noch nicht bei 100 Prozent.« Trainer Ralf Rangnick war mit seinem »Neuen« an diesem Nachmittag aber hundertprozentig zufrieden: »Kevin wird von Tag zu Tag besser. Er braucht das Vertrauen und die Rückendeckung im Verein. Er muss sich wohlfühlen. Und ich glaube: Er ist nach diesem Derby endgültig auf Schalke angekommen.« Kuschelige Knappen-Zeiten. Und am Abend wurde es noch gemütlicher: Da baten die »Neuen« zum Einstandsessen. Klar, dass es ein paar Stunden nach dem Sieg gegen Dortmund besonders gut schmeckte.
Rangnick fand aber trotzdem ein Haar in der Suppe. Denn den ganz großen, den meisterlichen Ball, den boten sie im Westfalen-Stadion nicht. Die Schalker: cleverer, kälter und routinierter. Das reichte schon. »Spielerisch müssen und können wir uns noch steigern«, fordert der Trainer, der hier auf die Rückkehr seines Regisseurs setzt: »Wenn Lincoln wieder dabei ist, sind wir viel stärker.«
Fabian Ernst versuchte sich in der Rolle des noch bis Ende August gesperrten »Spuckers«. Der Bremer Neuzugang passt schon ins Schalker Spiel, als wenn er seit Jahren das blaue Hemd tragen würde: »Aber ich kann einen Lincoln selbstverständlich nicht ersetzen. Der kickt viel kreativer, der hat geniale Ideen.«
Ernst, Kategorie Fußball-Arbeiter, bewertete die ersten 180 Meisterschafts-Minuten so: »Das waren Spiele ohne großen Glanz, aber wir haben zwei Mal gewonnen.« Wenn sich auch der Schalker Kreisel noch nicht so richtig dreht, die Punktausbeute ist optimal. Sechs Zähler. Mehr geht nicht. Und was Rangnick besonders erfreut: »Wir haben gegen Kaiserslautern und in Dortmund einen 0:1-Rückstand weggesteckt.« Am Ende hieß es immer 2:1.
Die Königsblauen stehen wieder da, wo sie hingehören, stellte Manager Rudi Assauer beim Blick auf die Tabelle fest. In der Spitzengruppe. Als Bayern-Jäger. Das Ziel heißt Platz eins. Den Liga-Pokal haben sie schon im Schrank.
Doch das soll in dieser Saison noch nicht alles gewesen sein. Der FC Schalke 04 - ein Titelkandidat für die Bundesliga-Krönung 2006. Aber das sehen sie in Dortmund natürlich anders. Ganz anders. Den frustrierten Verlierern blieb zum Trost nur der Hohn. Die BVB-Fans brüllten: »Ihr werdet nie mehr Deutscher Meister.«

Artikel vom 15.08.2005