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Fakten gegen vorschnelle Urteile

Tony Blair - die einzige deutschsprachige Biografie des Briten-Premiers

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Erst Gerhard Schröders »good guy«, dann Kriegstreiber, schließlich EU-Terminator: Tony Blair erfüllt viele falsche Einschätzungen - dieses Porträt war überfällig.
Flott auch am Racket: Briten-Premier Tony Blair
Autor Gerd Mischler hat die derzeit einzige deutschsprachige Blair-Biografie vorgelegt. Nicht Meinungen, sondern die Fakten zählen in diesem durchaus pointiert und kritisch-distanziert geschrieben Stück an politischer Grundinformation.
Viele halten den britischen Premierminister seit dem Irak-Abenteuer, in das er gemeinsam mit US-Präsident George W. Bush zog, für einen Kriegstreiber, der gegen die eigene Bevölkerung handelt und die europäische Partnerschaft verraten hat. Allerdings, viele Deutsche richten ihren Zorn, fast ausschließlich gegen Washington.
Dabei lohnt sich ein Blick nach London aus deutscher Sicht schon allein deshalb, weil Tony Blair eine Wirtschafts- und Sozialpolitik betreibt, die in der hiesigen Reformdiskussion als Ideengeber und Orientierungshilfe dienen kann. Er, und nicht allein Margaret Thatcher, hat einen Dritten Weg zwischen der ungezügelten und freien Marktwirtschaft und der Überbevormundung des Bürgers durch den Sozialstaat gefunden, der in Großbritannien funktioniert.
Mischler beschreibt Blairs politischen Werdegang von Jugend an: seine Ideenwelt, die er sich in universitären Zirkeln während seines Studiums aneignete, seinen innerparteilichen Aufstieg und den Umbau der traditionsreichen sozialistischen Arbeiterpartei zu New Labour unter seinem Parteivorsitz. Der Autor analysiert die Wirtschafts- und Sozialpolitik Blairs und erläutert dessen politische Visionen zur Gestaltung einer globalisierten Welt. Viele, viele Fakten eben.
Der Leser wird mit den moralischen und religiösen Überzeugungen Blairs konfrontiert und kann so die britische Außenpolitik unter hierzulande weniger bekannten Gesichtspunkten beurteilen: die Mission auf dem Balkan, die Intervention in Sierra Leone, der Kampf gegen die Taliban, der Feldzug gegen den Irak. Das Scheitern des Irakkrieges und die Kelly-Affäre werden in diesem Zusammenhang ebenfalls erörtert.
Abschließend untersucht der Autor Blairs Verhältnis zur alten und neuen Welt und zeigt einen überzeugten Europäer, dessen bester politischer Freund ein Amerikaner ist.
Gerd Mischler, Tony Blair - Reformer, Premierminister, Glaubenskrieger, 260 Seiten Parhas-Verlag, 28 Euro

Artikel vom 11.08.2005