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Der Zug zum Frieden im Sudan steht still

Deutschen UN-Soldaten fehlen immer noch die Visa

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Nach der Beerdigung des sudanesischen Vizepräsidenten John Garang haben die UN zur Verwirklichung des Friedensabkommens für Sudan gemahnt.
Trauerzug im Südsudan: Der Sarg John Garangs wurde gleich in mehreren Städten des Südens zu ergreifenden Trauerbekundungen aufgestellt.

Einige Institutionen seien noch immer nicht aufgebaut, sagte der UN-Sondergesandte Jan Pronk. Der Friedensprozess, der nach 21 Jahren Krieg in sechs Jahren zu einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südens führen soll, steht gefährlich still.
Der sudanesische Präsident Omar el Baschir verpflichtete sich in Juba, der künftigen Hauptstadt des Südsudans, zur Umsetzung des Friedensabkommens. Er zeigte sich Hand in Hand mit Nachfolger Salva Kiir, der jetzt als Vizepräsident vereidigt werden soll. Regierungssoldaten und Soldaten der früheren Rebellenarmee trugen gemeinsam den Sarg von Garang, auch dies ein Symbol, das den Unmut und den Glauben an eine Intrige unter den Südsudanesen nicht mindern konnte. Dabei rief auch Garangs Witwe Rebecca zum Frieden auf. »Dr. John wollte, dass ihr eins seid. Ich werde meinen Mann nicht vermissen, so lange Ihr, das sudanesische Volk, das Friedensabkommen beachtet.«
Nach dem Tod Garangs war es zu blutigen Ausschreitungen zwischen Nord- und Südsudanesen sowohl in Khartum als auch im Süden gekommen. Dabei wurden mindestens 130 Menschen getötet und 700 weitere verletzt. Die Militär-Regierung ließ 1400 Menschen festnehmen und zwei Zeitungen wegen ihrer Berichte über die Unruhen suspendieren.
Der ugandische Präsident Yoweri Museveni hatte als erster Politiker öffentlich spekuliert, dass der Hubschrauberabsturz möglicherweise kein Unfall gewesen sein könnte. Politische Beobachter befürchten, dass Garangs Nachfolger es schwer haben wird, die konkurrierenden Strömungen im Süden miteinander zu vereinen. Der Süden soll nach dem Friedensabkommen die Hälfte der Öleinnahmen erhalten.
Unterdessen hat Bundesverteidigungsminister Peter Struck mit UN-Generalsekretär Kofi Annan die Weigerung Sudans beraten, Visa an 500 UN-»Peace-Keeper« zu erteilen. Darunter sind auch 75 Bundeswehrsoldaten. Der entwicklungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Christian Ruck (CSU), warnte vor »unbedachtem Vorwahl-Aktionismus« der Bundesregierung: »Minister Struck hat die Beteiligung deutscher Soldaten an der Sicherung des Friedensabkommens zugesagt. Die Entwicklungshilfeministerin hat sich noch nicht geäußert.«
Der Einsatz der Bundeswehr müsse in einer durchdachten Gesamtstrategie für den Wiederaufbau eingebettet sein. Ruck: »Wir fordern von der Bundesregierung bei deutschen Einsätzen in Krisengebieten einen lückenlosen Übergang von friedensschaffenden zu friedenserhaltenden Maßnahmen und ihre Flankierung durch eine nachhaltige Entwicklungsstrategie.«
Struck und seine Kollegen im Kabinett müssten beweisen, dass sie in der Lage seien, sich zunächst zwischen den deutschen Ressorts und anschließend auch mit den anderen internationalen Gebern und Helfern abzustimmen.

Artikel vom 11.08.2005