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Sternenhimmel und leuchtendes Herz

Schmidt-Theater auf dem Kiez: moderne Fassade und Kitsch im Innern

Hamburg (dpa). 17 Jahre nach der Eröffnung des Schmidt-Theaters auf der Hamburger Reeperbahn ist am Montag abend der Neubau des legendären Kiez-Theaters feierlich eröffnet worden.

»Heute haben viele Tränen in den Augen vor Freude«, rief Hausherr Norbert Aust den wartenden Menschen vom »Meisterschaftsbalkon« des neuen Theaters aus zu. Austs Mitstreiter Corny Littmann, gleichzeitig Chef des FC St. Pauli, wählte weniger prosaische Worte: »Greift Euch ein Astra-Bier!« Von außen hoch modern mit einer Glasfassade erstrahlt das neue Schmidt-Theater innen im alten Glanz: Dunkelrot, braun und grün - warme Farben bestimmen das Entree, eine geschwungene Treppe zum Rang zieht alle Blicke auf sich. »Es ist wunderschön geworden. Modern und auch ein bisschen kitschig. Das passt hundertprozentig«, schwärmte die ehemalige »Tagesschau«-Sprecherin Dagmar Berghoff. Rock-Legende Udo Lindenberg ergänzte: »Auch wenn die Formen sich ändern, der Inhalt bleibt. Das ist ein gutes Zeichen für den Kiez.«
Auf der heimeligen Bühne mit weinroten Vorhängen, Sternenhimmel und leuchtendem Herzen gratulierten viele alte und neue Schmidt-Künstler wie Stefan Gwildis und Georgette Dee. »Das soll ein Neubau sein? Das glaub' ich nicht«, meinte Ernie Reinhardt alias Lilo Wanders. Vor 17 Jahren hatte die Moderatorin zusammen mit Corny Littmann das Schmidt-Theater gegründet. Die in den dritten ARD-Programmen bis Anfang der 90er Jahre ausgestrahlte »Schmidt Mitternachtsshow« hatte das Haus bundesweit bekannt gemacht. Mit 400 Plätzen bietet das neue Theater nun fast doppelt so vielen Zuschauern Raum wie das alte - Plüschsessel und Getränkeservice sind geblieben.
Die Fächer Komödie und Volkstheater vereinigen - das wollten die beiden Theater-Pioniere und werteten damit den heruntergekommenen Stadtteil St. Pauli auf, denn immer mehr Theater eröffneten daraufhin auf der weltbekannten Amüsiermeile. Mit Produktionen wie »Edith Piaf - Ich bereue nichts«, der Matrosenrevue »Blaue Jungs« oder der Kiez-Soap-Opera »Pension Schmidt« eroberten sie die Herzen des Publikums. Die »Schmidt Mitternachtsshow« am Samstag mit ihrer Mischung aus Kleinkunst, Kabarett und Comedy ist geblieben, oft moderiert von Emmi und Herrn Willnowsky, der »durchgeknalltesten Zweckgemeinschaft seit Elizabeth Taylor und Richard Burton«.
Das Ensemble des Schmidt-Theaters gab Kostproben aus der Eigenproduktion »Villa Sonnenschein«, die am 8. September Premiere feiert. Zum Abschluss der Eröffnungsgala sang der Seemannschor Hamburg den Hans-Albers-Gassenhauer »Auf der Reeperbahn nachts um halb eins«.

Artikel vom 10.08.2005