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Am Schwielowsee schon
ziemlich nah am Paradies
Ex-Stasi-Mann und Ex-»Bild«-Mann sitzen gemeinsam in einem (teuren) Boot
Theodor Fontane bescheinigte ihm die »Gutmütigkeit aller breit angelegten Naturen«, Albert Einstein rühmte ihn gar als Paradies: klassische Steilvorlage für die Hoteliers am Schwielowsee, um mit dem Slogan »Ziemlich nah am Paradies« zu werben.
In Petzow, wo früher die DDR ein FDJ-Schulungslager unterhielt, ist das »Paradies« jetzt amerikanisch zugeschnitten worden, weshalb man nicht von einem Hotel, sondern vom »Resort Schwielowsee« spricht.
Mehr als 100 Arbeitsplätze sind dort entstanden - und sie scheinen sicher, weil der Touristikkonzern TUI das Objekt in seine Kataloge aufgenommen hat und aufwändig vermarktet. Das hat schon am Mecklenburger Fleesensee funktioniert. Dieser Erfolgsgeschichte will man ein zweites Kapitel hinzufügen.
Die Ferienanlage besteht aus einem etwas überdimensionierten HotelÊund einer hübschen Siedlung weißer Holzhäuser im Stil der Florida-Insel Key West. Nur einen Steinwurf entfernt steht das von Schinkel entworfene Schloss Petzow in einem Landschaftspark von Lenné.
Die Hotelbesitzer sind Quereinsteiger in die Tourismusbranche und wahrlich schillernde Figuren: Axel Hilpert kaufte in der DDR Antiquitäten für Alexander Schalck-Golodkowskis Devisenbeschaffungsimperium »Kommerzielle Koordinierung« (KoKo) auf, leistete Entwicklungshilfe auf Kuba und war der Stasi jahrelang als Spitzel mit Decknamen »IM Monika« zu Diensten.
Er half aber auch vor einigen Jahren, das gestohlene Gemälde von Caspar David Friedrich »Ansicht eines Hafens« sowie Teile des Bernsteinzimmers aufzufinden. Warum Hilpert es trotz dieser Vergangenheit geschafft hat, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden? »Kaufmann bin ich ja eigentlich immer gewesen. Und ich habe nach dem Zusammenbruch der DDR nicht den Fehler begangen, meine Stasi-Mitarbeit zu leugnen oder zu verbergen. Viele sind dem Irrglauben erlegen, sie könnten sich unter einer Tarnkappe verstecken.«
Sein Kompagnon ist der Journalist Hans-Hermann Tiedje, der einst als Chefredakteur der Bild-Zeitung die DDR bekämpfte. Heute steht Tiedje, der sich Helmut Kohl ebenso verbunden fühlt wie Oskar Lafontaine, der PR-Firma WMP-Eurocom vor - ein Unternehmen, das engste Beziehungen zu Politikern pflegt und Lobbyarbeit betreibt. »Den Kontakt zu Axel Hilpert verdanke ich L'Tur-Chef Karlheinz Kögel«, klärt Tiedje auf und fügt hinzu: »Wäre ich nicht davon überzeugt, dass er keinen Menschen nach Bautzen oder in ein anderes Stasi-Gefängnis gebracht hat, würde ich nicht mit ihm zusammenarbeiten.«
Hilpert braucht Tiedje -Êdenn was immer er unternimmt, Kritiker schießen aus allen Rohren und wittern dunkle Geschäfte. Gemunkelt wird, am Schwielowsee seien veruntreute und im Amerika gewaschene KoKo-Gelder investiert worden. Tiedje nennt das »Quatsch«. Aber da muss mit guter PR gegengehalten werden. Die TUI hat nicht zuletzt aus diesem Grund gezögert, als es darum ging, das Resort zu vermarkten. Letztlich hat sich der Konzern aber vom ausgezeichneten, zukunftsträchtigen touristischen Potenzial des Hauses überzeugen lassen.
Wie schnell ein Deal mit dem Resort Schwielowsee politische Turbulenzen auslösen kann, musste die »Air Service Berlin« erfahren: Das Landesverkehrsamt genehmigte den Antrag des Unternehmens auf Landeerlaubnis für eine Cessna 206 auf dem Schwielowsee vor dem Resort nur vorläufig. Bis zum 30. September soll jetzt im Probebetrieb geprüft werden, welche Lärmbelästigung von dem Flugzeug ausgeht. In den Anrainergemeinden des Sees hat es heftige Proteste gegen den geplanten Flugverkehr gegeben, die Bündnisgrünen spuckten Gift und Galle.
Am Schwielowsee sitzt das ungleiche Paar Hilpert/Tiedje nun seit zwei Jahren in einem Boot. Einem ziemlich teuren, wenn man so will, denn bislang sind schon 50 Millionen Euro verbaut worden. Knapp ein Drittel der Summe sind Fördergelder von Land und EU. Mit einer mindestens 72prozentigen Auslastung im August können die Betreiber allerdings wenige Monate nach der Eröffnung mehr als zufrieden sein.
Einen kapitalen Hilpert-Fehler hat allerdings auch Tiedje nicht verhindern können: Am Schilfgürtel des Schwielowsees entstandene Pfahlhäuser wurden schnell und schlagzeilenträchtig als nicht genehmigungsfähige Schwarzbauten bewertet und mussten versetzt werden. Und noch immer ist nicht alles fertig.Ê»Wir wollen noch einen Außenpool und ein Konferenz zentrum bauen«, sagt Hilpert. Man träumt von internationalen Polit-Großereignissen.
Er will auch noch das benachbarte Schlosshotel Petzow zum Luxusdomizil ausbauen, wenn es dem ZDF nicht mehr als Kulisse für seine Telenovela »Bianca - Wege zum Glück« dient. Doch für die Nachfolgeserie »Julia -ÊWege zum Glück« ist im Schlosspark schon eine neue Kulisse aufgebaut worden...Thomas Albertsen

Artikel vom 13.08.2005