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Weltstar mit dem Pfiff
als Markenzeichen

Ilse Werner war Stammgast im Maritim-Hotel Salzuflen

Von Dietmar Kemper
Bad Salzuflen (WB). »Ilse Werner hat einen nie spüren lassen, dass sie ein Star war«, erzählt Karola Nagel. Die stellvertretende Hoteldirektorin des Maritims in Bad Salzuflen kennt die »Frau mit Pfiff« gut, die in der Nacht zum Montag im Alter von 84 Jahren im Altersheim in Lübeck gestorben ist.

Ilse Werner, die mit Filmen wie »Wir machen Musik« (1942) zum Markenzeichen für heitere, niveauvolle Unterhaltung wurde, hielt sich seit den 70er-Jahren regelmäßig im Hotel der lippischen Kleinstadt auf: zur Erholung mit Massagen, zum Schreiben von Büchern und zum Ausruhen nach Auftritten im Kurtheater. Ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte die Absolventin des Max-Reinhardt-Seminars in Wien zur Empfangschefin Erna Rumohr.
Beide hatten am 11. Juli Geburtstag, und als Anerkennung für die tadellose Betreuung schenkte Ilse Werner der Hotelangestellten zwei Bücher mit persönlicher Widmung. »So wird's nie wieder sein: Ein Leben mit Pfiff« hieß das erste und »Fotos aus meinem Privatarchiv: Erlebnisse mit Prominenten« das zweite Buch. Mit der Prominenten Ilse Werner machten die Mitarbeiter durchweg positive Erfahrungen. »Ich habe sie als sehr herzlich in Erinnerung, als jemanden, der keine lange Wunschliste hatte und auch ein persönliches Wort an uns richtete und zum Beispiel nach Hobbys fragte«, sagte Karola Nagel dieser Zeitung. Sie sei von Ilse Werner »Nagelchen« genannt worden. Ihr verriet der Ufa-Star auch, dass sie seit einem Absturz in den USA nie mehr in ein Flugzeug steigen wollte und selbst lange Reisen mit ihrem Auto zurücklegte.
Eine Bruchlandung erlebte Ilse Werner bei dem Versuch, in Amerika Fuß zu fassen. »Sie hat Probeaufnahmen in Hollywood gemacht, aber zu einem Film ist es nie gekommen«, sagte Guido Altendorf vom Filmmuseum Potsdam gestern dieser Zeitung. Im März widmete das Museum, dem die Schauspielerin ihren Nachlass übergab, Ilse Werner eine Ausstellung. In den 30er- und 40er-Jahren sei sie in Deutschland eine »Ausnahmeerscheinung« gewesen, betonte Altendorf. Nach ihrem ungewöhnlich frühen Einstieg mit 16 Jahren habe sie das Publikum verzückt, sowohl in ernsten (»Bel Ami«, »Große Freiheit Nr. 7«) und historischen (»Münchhausen«) als auch in unterhaltend-musikalischen (»Wunschkonzert«) Filmen.
Obwohl sie »keine Noten lesen konnte«, sei sie in den 50er-Jahren zum Platten-Star avanciert und habe mit »Baciare« 1960 einen Nummer 1-Hit gelandet. Das Fernsehen sei daran schuld, dass Ilse Werner mit einem spitzen Mund verbunden wird. Altendorf: »In den letzten 20 Jahren war sie vor allem mit dem Pfeifen auf der Mattscheibe vertreten.« Wer sie darauf reduziere, tue der »großen Menschendarstellerin« Unrecht. Für ihren letzten Streifen »Die Hallo-Sisters« (1990) erhielt Werner den Deutschen Filmpreis in Gold. Über ihr Markenzeichen sagte sie: »Hätte ich das Pfeifen für Geld lehren können, wäre ich steinreich geworden.«

Artikel vom 09.08.2005