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Chefbuchhalter
griff tief in die
Firmenkasse

Millionenschaden bei Sonopress

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Ein hochbezahlter leitender Angestellter der Bertelsmann-Tochterfirma Sonopress soll seinen Arbeitgeber über Jahre hinweg um mehr als zwei Millionen Euro geschädigt haben. Der 60-jährige Horst P. ist jetzt von der Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen Untreue angeklagt worden. Ein Termin für den Prozeß vor dem Landgericht Bielefeld steht noch nicht fest.

Sonopress war vor wenigen Jahren von der Bertelsmann Music Group (BMG) zur Arvato AG ausgegliedert worden. Der Dienstleister Sonopress vertreibt Produkte aus den Bereichen Musik, Video und Software. Mit mehr als drei Millionen CD-, CD-Rom- und DVD-Titeln pro Tag gehört Sonopress weltweit zu den führenden Medienvervielfältigern.
Eine Innenrevision der Arvato hatte Anfang 2005 Unregelmäßigkeiten im Rechnungswesen ermittelt. Ins Visier geriet schnell Horst P. Der 60-jährige Kaufmann fungierte über Jahre hinweg als Abteilungsleiter des Bilanz- und Berichtswesens der Sonopress. Nach den Ermittlungen von Staatsanwältin Anett Poßecker richtete Horst P. schon 1986 ein Konto bei der Sparkasse Bielefeld für ein »Tonstudio Neuland« ein, das indes überhaupt nicht existierte.
Seit dem 29. März 2000 soll Horst P. dann zehn Überweisungen auf dieses Konto vorgenommen haben. Die Sonopress überwies damit dem »Tonstudio Neuland« bis zum 3. Januar 2005 insgesamt 771 343, 25 Euro. Nutznießer war allein Horst P., der das Geld für private Zwecke verbraucht haben soll.
Strafrechlicht relevant waren noch weitere Fälle der Untreue. So war Horst P. als begeisterter Segelflieger in Europas größter Flugschule in Oerlinghausen (Kreis Lippe) aktiv. Er amtierte dort lange als Schatzmeister und leitete die finanziellen Geschicke des Vereins. Was seine Vereinskameraden nicht ahnten: Leistungen, die der Verein von Firmen etwa für Datenverarbeitung, für Hard- und Software, für Programme und Prospekte sowie für Systemberatungen erhielt, bezahlte Horst P. über die Konten der Sonopress. Hier soll es sich um 29 Taten mit einem Schaden von 173 221,72 Euro handeln.
Horst P., der bei Sonopress 150 000 Euro brutto pro Jahr verdiente, saß ab März fast vier Wochen in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl war gegen Sicherheitsleistungen außer Vollzug gesetzt worden. P. hat die Taten eingeräumt, und er hat auch seinem ehemaligen Arbeitgeber ein Schuldanerkenntnis in Höhe von 2 056 270 Euro unterschrieben. Das bedeutet, dass der zivilrechtliche Schaden noch erheblich größer ist. Allerdings sind diese Fälle der Untreue längst verjährt, können also nicht strafrechtlich belangt werden.
Horst P. soll der Segelflugschule selbst ein privates Darlehn in Höhe von 105 000 Euro gewährt haben. Diese Ansprüche hat P. nach Auskunft seines Rechtsanwalts Dr. Holger Rostek an Sonopress abgetreten. Angeblich verlangt Sonopress diesen Betrag nun von dem Oerlinghausener Verein zurück.

Artikel vom 09.08.2005