09.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Der Chef will das
Gerede stoppen

Die SPD und die Große Koalition

Berlin (Reuters). Bundeskanzler Gerhard Schröder hat seine Partei aufgefordert, die Debatte um eine große Koalition zu beenden. Im gerade ernsthaft beginnenden Wahlkampf halte der Kanzler diese Debatte für wenig hilfreich, sagte Regierungssprecher Hans Langguth gestern in Berlin.


Die Äußerungen unter anderem von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Finanzminister Hans Eichel lösten auch in der SPD Irritationen aus. Beide spekulierten damit offenbar auf Kabinettsposten in einer großen Koalition, wurde von Spitzenpolitikern vermutet.
Langguth sagte, über die nächste Regierungskonstellation entscheide allein der Wähler. »Deshalb ist es auch müßig zum jetzigen Zeitpunkt derartige Konstellationen zu diskutieren.«
Clement hatte gesagt, eine große Koalition wäre kein Sündenfall, sondern ein »demokratischer Weg, der Chancen eröffnen kann«. Eichel hatte eine große Koalition als vorstellbar bezeichnet. Innenminister Otto Schily bekräftigte, zwar sei die Fortsetzung des Bündnisses mit den Grünen die erste Priorität. Es sei jedoch nicht verboten, andere Optionen zu bedenken.
Ein führendes SPD-Mitglied kritisierte die Debatte mit den Worten: »Ich weiß nicht, was die reitet. Das ist komplett unsinnig: Selbst wenn viele Wähler eine Große Koalition als beste Lösung ansehen, bringt uns solches Gerede keine neuen Stimmen.«
In der SPD wird seit Wochen vor der Annahme gewarnt, eine Machtbeteiligung als Juniorpartner sei einer Oppositionsrolle vorzuziehen. »Dann hätten wir den Kompromissdruck, durch den uns jetzt der Bundesrat blockiert, in der Regierung«, sagte eines der Führungsmitglieder. »Das würde die Partei zerreißen.« Sinnvoller sei, wenn sie sich in der Opposition wieder auf eine klare Rolle festlege und den Generationswechsel organisiere.
Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, sagte zu der Debatte: »Wenn die SPD von einer großen Koalition spricht, dann heißt das ja, dass sie sich schon als Wahlverlierer sieht. »Das zementiert das Bild einer schwachen SPD«, sagte er.

Artikel vom 09.08.2005