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Deutscher Rebensaft hat Zukunft

Im Weinparadies Hess lagern 800 edle Tropfen - und vieles mehr

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Der alteingesessene Handwerksbetrieb, der Metallbauer, der weltweit exportiert, das exklusive Fachgeschäft in der City. Der Mittelstand ist Rückgrat der Wirtschaft und Garant für die Zukunft. Das WESTFALEN-BLATT stellt in einer Serie erfolgreiche Mittelständler vor. Heute: Weinparadies Hess GmbH.

Das Weinparadies liegt nicht am Hang und nicht am Fluss, sondern mitten in der Stadt. Wer von der Siechenmarschstraße auf den Hof der Firma Hess einbiegt, fühlt sich in einen der vielen Erzeugerbetriebe versetzt, die die Bielefelder regelmäßig beliefern: Aus alten Weinfässern ranken üppig blühende Geranien bis auf den Boden. Die alte Fabrikimmobilie der Familie versprüht viel Charme und vermittelt Geborgenheit, in der es sich herrlich über Wein philosophieren lässt. Die alten Werbetafeln des Deutschen Weininstituts an den vertäfelten Wänden geben ein Abbild der Veränderungen, die der deutsche Wein, insbesondere der Weißwein, in den vergangenen Jahren durchgemacht hat.
»Deutscher Weißwein hat eine große Zukunft«, betont Robin Apel (34). Der Betriebswirt verkörpert die jüngste Generation in der Firmenleitung. Gemeinsam mit Thorsten Reim (35) verantwortet er die Geschicke des Familienunternehmens; beide sind Gesellschafter der GmbH. Das Duo hatte sich bereits während des Studiums kennengelernt, und weil die Chemie stimmte, war man sich in der Firmenpartnerschaft schnell einig. Seit 2003 ist die neue GmbH eingetragen.
Wer das Weinparadies durch die gläserne Tür betritt, beginnt eine faszinierende Entdeckungsreise. Neben den 400 Quadratmetern Ladenfläche, auf der unterschiedliche Nationalitäten genauestens sortiert und beschriftet sowie Anbaugebiete und Lagen präsentiert werden, gibt es eine gemütliche Ecke mit einem kleinen Ausschank, in der man, begleitet von fachkundiger Beratung, einen guten Tropfen probieren kann. Das gemütliche Eck, wissen viele Stammkunden seit langem, ist natürlich ein perfekter Kommunikationstreffpunkt für alle Freunde eines guten Tropfens.
Die Liebe zum Wein, weiß nicht nur Senior Bernd Apel, ist etwas Dauerhaftes. Viele Stammkunden kommen seit Jahren, die meisten Winzer liefern auch seit vielen Jahren. Trotzdem hat das Geschäft im Bielefelder Westen mit der jungen Generation auf der Kommandobrücke auch viele neue Kunden gewinnen können. Bei Hess wird kistenweise abgeholt ebenso wie flaschenweise gekauft. Im Studentenviertel am Siegfriedplatz ist Hess eben auch eine gute Adresse, wenn es ein guter, aber preiswerter Tropfen für den Semesterabend sein soll.
Eine gute Adresse sind bei Hess aber auch jene 400 Quadratmeter im Obergeschoss, auf denen zweimal jährlich Weinmessen stattfinden, viele Produzenten kommen und vor Ort beim Kunden ausstellen und reinen Wein einschenken. Geradezu romantisch mutet der Lagerkeller unter dem Geschäft an, in dem edle Tropfen lagern. Auch jene aus Schottland und Irland. Gute Whiskey-Sorten, insgesamt 150 Stück, gehören ebenso zum Sortiment wie Obstbrände und Grappa, edler Essig, Olivenöl und Geschenke rund um den Wein. Von dem allein gibt es bei Hess ständig um die 800 Sorten. Ganz groß im Kommen: so genannte Ökoweine aus natürlichem Anbau, traditionell gewonnen.
Tradition wird auch bei Hess gepflegt. Das Unternehmen wurde bereits 1867 in der Siechenmarschstraße gegründet -Ê allerdings als Zuckerwarenfabrik. Bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurden Bonbons hergestellt, dann wurde aus der Produktion ein Großhandel. Tief im Westen verankert, war die Firma Hess immer auch mit dem DSC Arminia eng verbunden. Bernd Apels Stiefvater Max Hess hatte dem Verein lange Jahre in vielen ehrenamtlichen Funktionen zur Seite gestanden. Bernd Apel und Sohn Robin kommt das Verdienst zu, den eher dem Bier zugeneigten Arminen seit 1999 auch in den VIP-Räumen edle Weintropfen zu kredenzen - mit stetig wachsendem Erfolg. Diese Sponsorpartnerschaft ist ein wichtiger Baustein für unternehmerischen Erfolg.
Für den hatte die Familie Hess offensichtlich stets ein Händchen. Man hat es stets verstanden, sich wechselnden Gegebenheiten anzupassen, ergänzt Bernd Apel. Der hatte 1980 nicht nur den Grundstein zum heute höchst spezialisierten Weinhandel gelegt, sondern bewies Anfang der siebziger Jahre auch in der aufkommenden Discount-Welle den richtigen Riecher. Von dem Hess-Markt sprechen alteingesessene Bewohner des Westens noch heute.
Bei den Apels ist auch das Weingeschäft bis heute Familiensache. Im Ausschank, bei Messen und Präsentationen kann Robin Apel nicht nur auf seinen Vater setzen, sondern auch auf seine Lebenspartnerin Karin Schubert und seine Schwester Nicola Kunz. Mutter Monika Apel arbeitet unterdessen im Büro mit.

Artikel vom 17.08.2005