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Iran setzt Atomkurs unbeirrt fort

Teheran lehnt den EU-Vermittlungsvorschlag nun auch ganz offiziell ab

Teheran/Berlin (dpa). Iran hat gestern trotz aller Warnungen der Europäischen Union Teile seiner Atomanlage in Isfahan wieder in Betrieb genommen. Am Nachmittag seien »einige Bereiche« geöffnet worden, darunter ein Forschungszentrum, meldete die iranische Nachrichtenagentur.

Der Vizepräsident der iranischen Atomenergie-Behörde, Mohammed Saidi, erklärte: »Die Urananreicherung in Isfahan ist unter Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) wieder aufgenommen worden.« IAEO-Inspekteure hatten zuvor die ersten Überwachungskameras in den Gebäuden montiert. Die Anlage war seit Dezember 2004 geschlossen.
Am Mittag übergab Teheran den EU-Botschaftern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens im Außenministerium die Antwort Irans auf Vorschläge des so genannten EU-Trios für ein umfassendes Kooperationsabkommen. Nach Angaben seines Außenamtssprechers Hamid-Resa Assefi hat Iran darin die jüngsten EU-Vorschläge für ein umfassendes Kooperationsabkommen zwischen Brüssel und Teheran nun auch offiziell abgelehnt. Die Vorschläge hätten Irans Recht auf die Produktion von atomaren Brennstoffen nicht berücksichtigt.
In der Atomanlage von Isfahan wird aufbereitetes Uranerz in das Gas Uranhexafluorid umgewandelt, die Grundsubstanz für die Anreicherung von Uran. Hochangereichertes Uran dient vor allem zum Bau von Atomwaffen.
Angesichts der krisenhaften Entwicklung forderte sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung Iran noch einmal auf, die Vorschläge Brüssels für eine weit reichende Zusammenarbeit in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft weiter »ernsthaft und sorgfältig zu prüfen«. Der Vorschlag biete Iran die Perspektive einer umfassenden Zusammenarbeit in politischer, wirtschaftlicher und technologischer Hinsicht, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin.
Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) sprach sich für ein enges gemeinsames Vorgehen der Europäer mit den USA aus. Nur so könnten die Nuklearpläne Teherans wirksam beschränkt werden, sagte der Minister gestern in New York. Voraussetzung für einen Erfolg seien »objektive Garantien« durch die iranische Führung, erklärte Struck bei einem Treffen mit Vertretern des American Jewish Committee. Dazu gehörten verbindliche Zusagen über eine rein zivile Anwendung der Atomenergie sowie der Verzicht auf die vollständige Nutzung des Brennstoffkreislaufs und auf ein Nuklearprogramm.
Nach seinen Worten gibt es Einigkeit zwischen Berlin und Washington, dass weitere Atommächte »destabilisierende Auswirkungen« auf die internationale Sicherheit zur Folge hätten.
Teheran gab unterdessen bekannt, dass Präsident Mahmut Ahmadinedschad den ultrakonservativen Ali Laridschani zum Chefunterhändler für Atomfragen ernennen wird. Laridschani wird Hassan Ruhani ablösen, der für einen Kompromiss mit der EU eingetreten war. Laridschani gilt als Gegner jeder Vereinbarung, die Irans Recht auf Urananreicherung in Frage stellt. S. 4: Kommentar

Artikel vom 09.08.2005